Süddeutsche Zeitung

Prozess in Ebersberg:Fatale Faschingsfeier

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Ein junger Mann soll auf einer Party in der Grafinger Stadthalle ein damals 15-jähriges Mädchen mehrfach sexuell missbraucht haben. Vor dem Amtsgericht in Ebersberg bestreitet er die Vorwürfe.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Es war eine ausgelassene Faschingsfeier in der Grafinger Stadthalle, die mit einer wahren Tragödie endete - zumindest wenn das stimmt, was ein damals 15-jähriges Mädchen wenige Wochen später bei der Polizei angezeigt hat. Demnach wurde sie an dem Abend von einem 18-jährigen Bekannten ihrer Schwester zweimal sexuell missbraucht. Dieser musste sich am Dienstag nun dafür vor dem Amtsgericht Ebersberg rechtfertigen - und stritt alle Vorwürfe ab. Nun sollen weitere Zeugen und Beweise zur Aufklärung der vermeintlichen Vergewaltigung beitragen.

Passiert sein soll das Ganze auf einem Faschingsball Anfang März 2019, wie aus der Anklageschrift der Staatsanwältin hervorgeht. Unter dem Vorwand, eine Zigarette rauchen zu wollen, habe der Angeklagte, der aus dem östlichen Landkreis Ebersberg stammt, sein vermeintliches Opfer vor die Eingangstür gelockt. Von dort aus soll der heute 20-Jährige das Mädchen nach einem kurzen Gespräch hinter die Halle gezerrt, sie auf die Knie gedrückt und zum Oralverkehr genötigt haben. Anschließend habe er ihr Faschingskostüm hochgezogen und ein Foto von ihrem nackten Oberkörper gemacht haben - als Druckmittel, wie es in der Anklage heißt. Sollte das Mädchen nämlich jemandem von dem Vorfall erzählen, werde er das Foto verbreiten.

Aus Angst, der Angeklagte könne sich nicht an die Abmachung halten, habe die 15-Jährige ihn wenig später zur Rede stellen wollen. Bei dieser Gelegenheit, so steht es in der Anklage, soll der junge Mann erneut übergriffig geworden sein. Er habe das Mädchen zu einem Platz unweit der Stadthalle geführt und ihr bereits auf dem Weg mehrfach an das Gesäß gegriffen. Dort angekommen soll er sein Opfer auf einen Steinhaufen gestoßen und vergewaltigt haben. Das Mädchen soll sich dabei Verletzungen an Kopf und Knien zugezogen haben.

So schwer die Vorwürfe gegen den 20-Jährigen wiegen, so unklar ist nach dem ersten Verhandlungstag vor dem Schöffengericht, ob das alles auch wirklich passiert ist. Denn der Angeklagte widersprach den Anschuldigungen vehement. Mit dem Mädchen, das er über deren Schwester kenne, habe er sich auf der Party gut verstanden. "Wir haben getanzt und Handerl gehalten", sagte der Mann vor Gericht. Als sie dann zum Rauchen vor die Tür gegangen seien, habe das eine zum anderen geführt. Hinter der Stadthalle hätten sich die beiden geküsst, so der Angeklagte. Dabei seien sie vom Freund des Mädchens überrascht worden, weshalb er zurück in die Halle gegangen sei. "Außer einvernehmlichen Schmusen ist nichts vorgefallen", sagte der Angeklagte.

Wie er sich dann erklären könne, dass das Mädchen solche Vorwürfe gegen ihn erhebt, wollte Richter Markus Nikol wissen. Eventuell habe sie sich da in etwas hineingeritten und wollte sich vor ihrem Freund rechtfertigen, antwortete der Angeklagte, der beteuerte, er habe die 15-Jährige nicht missbraucht. Er sei zwar ziemlich betrunken gewesen, er könne sich aber nicht vorstellen, dass er eine solche Tat begehe. "Das könnte ich mir nie verzeihen. Damit würde ich mir doch meine ganze Zukunft verbauen." Ob er es denn definitiv ausschließen könne, dass es vielleicht doch so passiert ist, hakte Nikol nach. Ja, das könne er ausschließen, so der Angeklagte. "So etwas würde ich nie tun."

Dem gegenüber stand die Aussage der heute 17-Jährigen, die von mehreren Polizisten zu den Vorwürfen vernommen worden ist. Einer Kriminalbeamtin zufolge, konnte das Mädchen den Sachverhalt sehr detailliert wiedergeben. "Auf mich hat sie einen glaubwürdigen Eindruck gemacht." Das deckte sich mit der Aussage eines weiteren Polizeibeamten, der am Dienstag als Zeuge vernommen wurde. Die junge Frau habe während der Vernehmung immer wieder geweint und es sei ihr schwer gefallen, über die Geschehnisse zu sprechen.

Kein Licht ins Dunkel bringen konnten die Schwester des Mädchens, deren Mutter, ein Bekannter sowie der Freund der vermeintlich Geschädigten. Auch Letzterer erklärte, er habe die Tat nicht beobachtet. Die Zeugen berichteten aber, das Mädchen habe einen verängstigten Eindruck gemacht. Zur Aufklärung sollen nun weitere Beweise in den Prozess eingebracht werden. Unter anderem stellte der Verteidiger des jungen Mannes den Antrag, das Kostüm seines Mandanten sowie die Strumpfhose des möglichen Opfers auf Spuren zu untersuchen. Zudem soll die Mutter des Angeklagten als Zeugin gehört und die auf Video aufgezeichnete Vernehmung des Mädchens vor Gericht abgespielt werden. Die Verhandlung wird Ende März fortgesetzt.

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Quelle:
SZ vom 10.03.2021
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