Süddeutsche Zeitung

Aufreger in Grafing:Der nächste Akt an der Mauer

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Mit Spraydosen gegen den Krieg: Die Gedenkmauer der CSU in Grafing zum Jubiläum der deutschen Einheit bekommt neue Optik

Von Thorsten Rienth, Grafing

Diesmal war es keine Nacht-und-Nebel-Aktion, sondern eine gänzlich mit dem Grafinger Rathaus abgestimmte: Die umstrittene Einheitsgedenkmauer der CSU hat nun - nachdem die Grüne Jugend zwischenzeitlich an den Grafinger Bürgermeister adressiert hatte: "Herr Bauer wir sind sauer über ihre Mauer" - eine neue Optik. In Absprache mit Grafings Jugendpfleger Himo Al-Kass haben am Freitag im Stadtpark drei Jugendliche zu den Spraydosen gegriffen: "No war!"

"Wir wollten etwas Progressives sprühen, ohne die Sache weiter anzuheizen", erzählt Kilian Lößl. "Und die beiden Worte erschienen uns das unverfänglichste Progressive". Nachdem sie vor drei Wochen gehört hätten, dass die Stadt Gestaltungsvorschläge suche, habe er bei Al-Kass angerufen, erzählt der 17-Jährige. "Also haben wir ihm den Vorschlag geschickt und dann lief das alles ganz unkompliziert." Nicht alle in Grafing halten die Unkompliziertheit der Thematik angemessen. "Das hätte natürlich nicht schon wieder hinter den Kulissen im Rathaus entschieden werden sollen, sondern im Stadtrat", kritisiert Stefan Kisters (Grüne). Erst vergangene Woche hatte der Kulturausschuss getagt. "Das wäre genau das Gremium gewesen, das einzubinden gewesen wäre."

Inwieweit eine echte politische Debatte um die Gedenkmauer überhaupt führbar ist, steht freilich auf einem anderen Blatt - viele Beobachter wählen längst einen humoristischen Zugang. Der Grafinger Musiker und Künstler Dan Schmidt etwa montierte unlängst in das Foto, das die CSU-Granden bei der Enthüllung des Denkmals zeigt, eine Kleinkunstbühne in Bierkrug-Enzian-Brezel-Optik - "Kasperltheater" steht in bunten Lettern drüber. Und selbst Bürgermeister Bauer reagierte im Stadtrat mit trockenem Humor: Wegen ihm, sagte er mit einem Augenzwinkern, könne die Mauer auch bleiben, wie sie nach der Nacht-und-Nebel-Aktion der Grünen Jugend daherkam. "Mein Name steht ja am größten dran." Jetzt nicht mehr.

Geht es nach den jugendlichen Gestaltern, sollte die Mauer im Stadtpark nicht die einzige Stelle bleiben, an der legal gesprayt werden darf. "Wir würden uns schon freuen, wenn es mehrere Flächen für öffentliche Kunst geben würde", sagt Lößl. Kisters schlägt die Westseite der Freibadmauer vor. Teile davon hatten Künstler vor einigen Jahren gestaltet. Die Unterführung bei Gsprait würde sich ebenfalls eignen.

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