Süddeutsche Zeitung

Autor aus Grafing:Volle Kuschelkraft voraus

Lesezeit: 4 min

Björn Nonhoff aus Grafing hat ein Buch über einen depressiven Teddy geschrieben: "Björn out - träum dich frei" ist eine Geschichte voller Fantasie und Weisheit. 

Von Anja Blum, Grafing

"Es ist viel leichter, eine Geschichte über einen Teddy zu schreiben als über irgendetwas anderes", sagt Björn Nonhoff und grinst, während er in seiner gemütlichen Küche in Grafing Cappuccino zubereitet. Wie gut also, dass "Björn" auf Schwedisch "Bär" heißt. Und dass der Autor mit den halb schwedischen Wurzeln vor ein paar Jahren Aquarelle zugesandt bekam, auf denen Teddys und andere Tiere zu sehen waren. Aus der dazugehörigen Idee eines Kinderbuchs wurde zwar letztlich nichts - doch der Plüschbär blieb in Erinnerung, versuchte sich sogar als Bühnenfigur. Und irgendwann holte Nonhoff die literarischen Skizzen wieder aus der Schublade, ordnete und ergänzte sie um weitere Kapitel - sein viertes Buch war geboren.

"Björn out - träum dich frei" lautet der Titel, und dieser Name ist Programm: Es geht um einen kleinen, vom Leben sehr überforderten Plüschbär, der dank allerhand Abenteuer wieder zu seiner inneren Kraft findet. Es ist eine Reise, während der Realität, Erinnerung und Traum verschwimmen, die mit Logik allein nicht erschlossen werden kann. Der Teddy, todtraurig, ängstlich und wütend zugleich, begegnet vielen anderen Tieren, von denen er jeweils wichtige Lebenslektionen erhält. Bei der Schildkröte geht's um Gelassenheit, beim Flamingo um Selbstliebe, beim Delfin ums Einswerden mit der Welt, beim Jaguar um den Umgang mit der Angst. Der kleine Bär lernt richtig zu atmen, ausgelassen zu hüpfen und positiv zu denken. Ganz nebenbei kommen aberwitzige Fragen auf, etwa: Was wiegen die Farben? Oder: Wie alt werden Wolken?

Denn Autor Nonhoff, das wird schnell klar, hat auch ein Faible fürs Abstruse, Expressive. Immer wieder geht es um starke Gerüche, die von Gefühlen ausgelöst werden. Oder um Scherben, die vor Schmerzen singen. Dann wieder gibt es surreale Szenen wie eine Begegnung mit der eigenen Einsamkeit, einer Frauengestalt auf einem roten Sofa. "Ich bin froh, dich zu sehen, und dass du endlich mal dableibst, nicht flüchtest", sagt sie. "Sonst bist du so oft unterwegs, im Kino, in Kneipen, hältst dich an Zigaretten und Gläsern fest, und bemerkst mich nicht." Das Gespräch endet mit einem innigen Kuss und tiefem Frieden.

Doch nicht nur Tiere und Fantasiefiguren lässt Nonhoff aufmarschieren, sondern auch viele seiner Idole. Von geistigen Führern wie Dalai Lama oder Jesus bis hin zu Musikgrößen wie John Lennon oder Freddie Mercury. "Diesen Kapiteln liegt jeweils ein Originaltext zugrunde, und das zu schreiben, hat sehr großen Spaß gemacht", erzählt der Autor. Sogar eine "Predigt am Müllberg" mit einem "Teddy unser" hat er erfunden, das Gebet soll uns alle an unsere "Kuschelkraft" erinnern. Nach seinem literarischen Vorbild gefragt, nennt Nonnhoff sofort einen Namen: Michael Ende, dessen magischen Realismus er liebe. Aber auch an Fabeln muss man angesichts der Teddy-Geschichten unweigerlich denken, genauso wie an den berühmten "Kleinen Prinzen" natürlich.

"Es ist eine Reise, die uns dazu einlädt, tief in uns hineinzuschauen und uns die Frage zu stellen: Wie geht es mir in und mit meinem Herzen? Wie lautet die Wahrheit, die wir in uns tragen?", erklärt Nonhoff. Denn als Geschichtenerzähler wolle er die Menschen inspirieren, nach ihrem individuellen Licht zu suchen, nach ihrer Essenz und Bestimmung, denn nur so könnten Frieden und Heilung geschehen. Der Teddy als Symbol für Unschuld und Einfachheit sei "ein Spiegel, in dem wir uns selbst sehen können, so wie wir wirklich sind, oder sein könnten. Er erinnert uns daran, dass wahre Erkenntnis und wahres Glück darin liegen, authentisch zu uns selbst zu sein."

Dabei macht Nonhoff gar keinen Hehl daraus, dass die Entwicklung des kleinen Bären im metaphorischen Sinne auch seine eigene war. Nach dem tragischen Verlust eines Kindes und einer schmerzhaften Scheidung habe er sich in einer tiefen Lebenskrise wiedergefunden, erzählt der 54-Jährige. Außerdem habe er mit dem Gefühl des Scheiterns seiner künstlerischen Ambitionen gekämpft, das sich auch in Schreibblockaden geäußert habe. "Trotzdem habe ich nicht aufgegeben, sondern diese schmerzhaften Erfahrungen als Quelle der Inspiration und des inneren Wachstums gesehen und genutzt." Insofern sei das Buch auch ein Zeugnis für die Kraft des menschlichen Geistes und Herzens, genauso wie für die Hoffnung, selbst in den dunkelsten Momenten.

Solche Lebensweisheiten weiterzugeben, gerade auch an seine Kinder, sagt Nonhoff, sei ihm ein großes Anliegen. "Ich spüre nämlich momentan schon die Angst vor der Vergänglichkeit." Doch nicht um eine dogmatische Wahrheit, die von einer Religion oder einer anderen Autorität bestimmt ist, sondern um individuelle Erkenntnis geht es dem Erzähler, er bedient sich bei Buddhismus und Schamanismus genauso wie bei dem Hirnforscher und Achtsamkeitsexperten Daniel Siegel. Seine hier zu Papier gebrachten Gedanken seien lauter Türen und Einladungen, sagt Nonhoff - allerdings könnte so mancher Leser von der schieren Menge dieser Offerten durchaus überfordert sein. Glücklicherweise ist "Björn out" ein Buch, das sich gut in Häppchen lesen und so leichter verdauen lässt.

Diese Geschichte "hat mich zum Lachen und Weinen gebracht und mich ermutigt, mein eigenes Glück zu suchen", schreibt eine Leserin aus Wien, und eine Kirchseeonerin gratuliert dem Autor "zu diesem gelungenen Zeitgeist-Bestseller". Manche hätten nach der Lektüre sogar ihren alten Teddy wieder heraus gekramt, erzählt Nonhoff und lacht. Er selbst beschäftigt sich derweil anderweitig mit dem Stoff: Eine englische und schwedische Ausgabe gibt es bereits, ein Hörbuch ist in Arbeit. Außerdem plant der Autor eine Bühnenfassung, zusammen mit dem Ebersberger Gitarristen Jeremy Teigan, der ebenfalls halber Schwede ist. Und vielleicht sogar auch ein Björn. Wer weiß.

"Björn out - träum dich frei", erschienen im Selbstverlag, ist erhältlich über den Autor oder über Amazon .

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