Süddeutsche Zeitung

Heimspiel in Glonn:"Is recht schee gwen"

Lesezeit: 4 min

Der Boarisch-Rapper "Monaco F" aus Babensham bei Wasserburg gibt im Marktblick seinen Tourauftakt. Dabei glänzt er nicht nur mit Musik, sondern auch mit humorvollen persönlichen Geschichten - und hält ein anfängliches Versprechen.

Von Johanna Feckl, Glonn

Servus! Grias di! Schee, dass d' auch da bist! Wie geht's dir? Prost! Überall hängt der Duft von frischen Flammkuchen in der Luft, selbst ganz hinten, dort, wo die kleine Bühne mit kleiner Besetzung darauf zu warten scheint, dass es endlich losgeht: Schlagzeug, Trompete und DJ-Pult stehen dort verlassen da - mehr hätte auch gar keinen Platz gehabt. Draußen ist jeder Tisch besetzt, zwischen ihnen laufen Kinder mit Eistüten umher, und drinnen prosten sich gerade ein paar Männer und Frauen zu, die um einen großen Holztisch sitzen.

Ein bisschen wie bei einem gemütlichen Sommerfest mit Familie und Freunden - so fühlt es sich im ersten Moment an an diesem Freitagabend im Glonner Marktblick. Es war aber viel mehr als das: Monaco F spielte an jenem Abend den Auftakt seiner Tour mit dem Titel "Grün ist die Hopfnung", unterstützt von Schlagzeuger Fabian Füss und DJ Mic-E. Bairischer Rap und Geschichten aus dem Leben des 44-Jährigen, so lautete die Ankündigung.

Aber noch ist es nicht so weit - noch sitzt Monaco F, der abseits der Bühnen Franz Liebl heißt, mittendrin an jenem großen Holztisch. Doch schon ein paar Minuten später gibt er während eines letzten Bühnenchecks ohne Umschweife zu: "Ich bin ein bisschen aufgeregt - es ist so klein und intim hier, das ist schon etwas sehr Besonderes." Dann lehnt der Rapper sich etwas nach vorne und verspricht flüsternd: "Aber es wird trotzdem laut!"

Ein "Grün ist die Hopfnung"-Intro läutet die Show ein - die Stimmen an den vollen Tischen vor der Bühne verstummen, alle Blicke richten sich gen Bühne: Jetzt kann's losgehen. Und schon geht der Sound über in "Bierallergie", ein Klassiker von Monaco F.

Wenn man hört, wie die Menge in den Refrain mit einstimmt und singt "Mir gemma gemma gemma ned hoam", weil schon zu viele Halbe über den Tresen gewandert sind und "weil übermoang is a no a dog", dann könnten womöglich diejenigen irritiert sein, die wissen: Alkohol ist das Rauschmittel Nummer Eins in Deutschland. 1,6 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 sind alkoholabhängig, weitere 1,4 Millionen Menschen konsumieren Alkohol missbräuchlich, also trinken große Mengen oder verhalten sich unter Alkoholeinfluss riskant. Und der Pro-Kopf-Konsum steigt weiter an. Wer sich da vor eine Menge hinstellt und tönt: "saufen, hihi, megalustig, lasst uns alle mal ordentlich picheln heute", der hat die geistige Schwelle zum Erwachsensein noch nicht überschritten.

Doch auf Monaco F trifft das nicht zu - man muss schon den ganzen Text im Blick haben. Wer nur oberflächlich zuhört, ja, der könnte ihn als eine Art Glorifizierung des Bierrausches interpretieren. Das wäre allerdings schade, denn es steckt viel mehr dahinter, wenn man diese Worte wirklich wirken lässt: Besoffen an der Bar stehen und sich noch 'ne Halbe bestellen, um noch besoffener zu werden, wenn man schon längst zu Hause sein und Sex haben könnte? Irgendwann sind alle Kumpels weg, der Geselle für den weiteren Abend ist einzig und allein das Bierglas. Der gesamte nächste Tag ist verschwendet, weil einen der Rausch vom Vorabend völlig lähmt. Es sind harte Beschreibungen, die der Rapper in seinen Song packt. Und sie zeigen, wie traurig diese ewige Sauferei doch ist - was man dadurch alles verpasst im Leben.

Aber zwischen einem Alkoholabsturz und einem abstinenten Abend liegen dann doch ein paar Halbe - und so ist freilich nichts verkehrt daran, wenn man auf einem Monaco F-Konzert ein Bier bestellt, um mit dem 44-Jährigen anzustoßen.

Das, was das Konzert im Glonner Marktblick zu einem einzigartigen Tourauftakt macht, sind die Anekdoten, die der Rapper zwischen den Songs einbaut. Keine spontanen Einlagen sind das, sondern wohlvorbereitete Geschichten, fein säuberlich auf einem schwarzen Notenständer sortiert. Am Anfang verhaspelt Monaco F sich noch kurz - vielleicht das einzige Mal, dass seine Aufregung durchblitzt, von der er zu Beginn der Show gesprochen hat. Doch das macht den Musiker ja nur noch sympathischer.

Für ihn ist der Tourauftakt im Marktblick kein kleines Get-together, bei dem man auch mal ein bisschen schludern kann, weil: Sind ja eh nicht so viele Leute da. Natürlich, im Vergleich zum Münchner Club Strom, in dem Monaco F vor gut drei Jahren vor ausverkauftem Haus den Release seines Albums "Bierbankphilosoph" gefeiert hat, ist die Glonner Location, auch wenn sie voll ist wie an diesem Abend, beschaulich. Aber: Monaco F will seinem Publikum immer einen tollen Abend bescheren, egal wie viele Menschen es sind.

Die Geschichten stammen aus dem Leben von Monaco F - eine witziger als die andere

Aber zurück zu den Geschichten: Da geht es mal um eine kurze kulturhistorische Betrachtung der zigfachen Bedeutungen der Halben Bier. Später um ein Erlebnis beim "Radldantler", der das alte Mountainbike des Rappers wieder fit machen sollte, weil: "Manchmal hob i des Gefühl, i lauf so doagig an mir selbst runter" - und mit ein bisschen Sport wollte Monaco F dagegen angehen.

In johlendes Gelächter verfällt das Publikum, als der 44-Jährige über die sogenannten "Weidla" sinniert - die Oberbayern sagen dazu eher "Woidla": Menschen, die aus der Gegend des Bayerischen Walds kommen. Monaco F ist selbst ein solcher, er stammt aus dem niederbayerischen Regen. Als verbohrt, grantig und wortkarg seien die "Weidla" als "die Preiß'n Bayerns" verschrien. Bestes Beispiel sei einer seiner Jugendfreunde, der am Telefon stets daran zu erkennen war, dass am anderen Ende der Leitung Schweigen herrschte.

Es verlangt Hochachtung, welch grandioser Geschichtenschreiber und -erzähler Monaco F ist. Man könnte ihm stundenlang zuhören und dann immer noch nach mehr verlangen.

Das Publikum im Marktblick bekommt am Freitagabend nicht nur noch mehr Geschichten, sondern auch mehr Musik. Angeheizt von der "Weidla"-Anthropologie wird der Song "Hausparty" mit kräftigem Klatschen untermalt, und spätestens bei "Love Oida" ist auch der Letzte aufgestanden und dem Geheiß von Monaco F gefolgt: "Ihr klatscht weiter und hebt vom Boden ab - aber nur ein bisschen."

Ein Blick auf die drei Musiker ist bezeichnend für das, was Monaco F ausmacht: Drummer Füss hat sich für ein T-Shirt mit dem Schriftzug der aus Bayern stammenden und rappenden Electropunkband Frittenbude entschieden - und beweist damit einmal mehr einen ausgezeichneten Musikgeschmack. DJ Mic-E steckt in Lederhos'n, neben seinem DJ-Pult steht eine Trompete, die er bei einem Song spielt. Und Monaco F selbst trägt ein Shirt mit diversen Tapes darauf.

Es geht hier nicht nur um bairischen Rap. Sondern ums Experimentieren mit Melodien und Stilen, da gibt's Zitherklänge auf harten Beats, Electrosounds zu Bläsern, vorgelesene Geschichten bei schweigender Band und gleich darauf laute Musik. Monaco F erschafft sein ganz eigenes Genre - und am Ende bleibt das Resümee mit den Worten eines "Weidlas": "Is recht schee gwen."

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