Süddeutsche Zeitung

Ausstellung in Glonn:Mit Pinsel und Kettensäge

Lesezeit: 3 min

Kunst, die Herz und Hirn schmeichelt: Bernd Sedlmeier aus Zorneding zeigt in der Klosterschule Ölbilder und Holzskulpturen - und verrät, was er tut, um nicht in einer ganz bestimmten Schublade zu landen.

Von Anja Blum, Glonn

Er verkaufe keine Kunstwerke, daran sei er nicht interessiert, sagt Bernd Sedlmeier. "Wenn man da nämlich Preisschilder dranklebt, landet man ganz schnell in einer Schublade - und das will ich nicht." Insofern muss der Zornedinger zu Hause ziemlich viel Platz für Kunst haben, denn ausnehmend klein sind seine Arbeiten nicht gerade. Sedlmeier erschafft großformatige Ölgemälde sowie Skulpturen aus Holz. Eine Einschränkung allerdings gibt es: "Das Endprodukt muss ins Auto passen."

Denn transportieren möchte er seine Kunstwerke schon. Nach Glonn zum Beispiel, wo Sedlmeier nun eine Einzelausstellung in der schönen alten Klosterschule bestückt hat. "Gegenstand / Dagegen-Stand" hat er sie getauft, als eine Art kleine Protestnote. Denn gegenständlich zu malen, und das auch noch in Öl, das werde inzwischen von vielen als altmodisch angesehen. "Außerdem glaubt so mancher, dass dank KI (Künstliche Intelligenz, Anm. d. Red.) menschliche Kreativität nun nicht mehr notwendig sei." Dagegen wolle er sich als Künstler positionieren.

Wirklich provokativ allerdings kommen die Werke des Zornedingers nicht daher. Ganz im Gegenteil. Sie schmeicheln Hirn wie Herz. Gleich am Eingang präsentiert Seldmeier zum Beispiel die "Lösung des Problems", eine wunderschön gearbeitete Ahorn-Skulptur, die einen gerade aufgelösten Knoten darstellt. Überhaupt wählt dieser Künstler gerne humorvolle Titel. Eine andere Holzarbeit aus Nussbaum, die eine Art überdimensionalen Spieß zeigt, nennt er "Kleiner Spießer".

Der 64-Jährige arbeitet mit diversen Holzarten, seine Stücke bezieht er von einem Kollegen in Germering, wo Sedlmeier schon länger Mitglied einer Bildhauergruppe ist. "Der Kollege fällt sogar selbst Bäume, und weil er eben Künstler ist, schneidet er das Holz ganz anders zu als ein klassischer Waldarbeiter, lässt zum Beispiel Gabelungen stehen." Für Sedlmeier quasi ein gefundenes Fressen. Und auch um seine Vorliebe für hohle Stämme wisse der Holzlieferant.

Denn obwohl er mit der Kettensäge arbeitet, hat Sedlmeier einen unübersehbaren Hang zum Filigranen. Aus einem Stück Birke etwa hat er "Zusammenhalt" geschaffen, eine scheinbar lose, viereckige Konstruktion, zusammengehalten von zwei Spangen und einer Mutter. So grazil ist dieses Werk gearbeitet, dass man meinen könnte, hier sei eine Feile zum Einsatz gekommen. "Nein, nein, alles mit der Säge", sagt Sedlmeier und lacht.

In der Malerei aber hat sich der Künstler etwas entfernt von seinem bisherigen Sujet, dem Holz. Immer noch gibt es - farblich verfremdet freilich - Stämme und Äste zu entdecken, doch Sedlmeier hat sein Portfolio erweitert, um weitere Naturmotive und sogar Architektur, vor allem industrielle Bauten. Denn immer noch sind es gerade Linien, Gitter und Gerüste aller Art, die es ihm angetan haben. Lamellen, Rohre, Stahlträger bevölkern seine Bilder. Eine wunderbare Symbiose aus organischen und geometrischen Strukturen bilden zum Beispiel die Gewächshäuser, die dem Besucher gleich im ersten Raum begegnen.

Auch mit Tusche hat Sedlmeier während der künstlerisch für ihn sehr ergiebigen Corona-Zeit zu experimentieren begonnen - wobei der Zufall allerdings wohl eine eher kleine Rolle spielte: Die Geflechte, seien sie natürlichen oder menschlichen Ursprungs, sind sehr akkurat dargestellt. Hier ist nichts verlaufen oder verwässert, die Linien hat der Künstler eher flächig gestaltet denn schwungvoll gezeichnet. "Ich habe Chinatusche verwendet, die höchst deckend ist, und bin sehr diszipliniert vorgegangen", erklärt denn auch Sedlmeier.

Ja, dieser Künstler geht planvoll vor. Immer und überall. Auch wenn der 64-Jährige sagt, seine Kreativität, die er in diversen Kursen und Seminaren ausgebildet hat, sei stets ein bewusster Gegenpol zu seinem Beruf als Zahnarzt gewesen: Dem Zufall überlässt er auch mit Pinsel und Kettensäge in der Hand nichts. Bei der Malerei dienen ihm stets Fotos als Vorlage, bei der Bildhauerei lässt er sich inspirieren von der Form des Holzes. Es sei also jeweils bereits eine konkrete Vorstellung da, bevor er zum Werkzeug greife, sagt er.

Bemerkenswert ist, dass es dem Zornedinger immer gelingt, einen positiven Blickwinkel einzunehmen. Selbst bei jenen Bildern, die sich eigentlich um Abbruch und Zerstörung drehen. Sind es Halden von Ziegeln, Trümmer, Kriegsschauplätze? "Man kann es auch anders sehen", sagt Sedlmeier. "Dort, wo etwas kaputt gegangen ist, entsteht auch wieder Platz für Neues." Genau so heißt denn auch eines der Gemälde. Wie wohltuend.

Ausstellung von Bernd Sedlmeier in der Galerie Klosterschule in Glonn, zu sehen am Samstag und Sonntag, 21./22. Oktober jeweils 14 bis 18 Uhr.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.6288434
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.