Süddeutsche Zeitung

Ausstellung in Glonn:Der Künstlerin neue Kleider

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Erika Prabst aus Grafing zeigt in der Klosterschule in Glonn eine vielgestaltige Ausstellung. Sie vereint textile Objekte, gestrickte Bilder und Malerei von abstrakt bis gegenständlich.

Von Anja Blum, Glonn

Stricken und garteln sind wahrscheinlich die klassischen weiblichen Betätigungen im Rentenalter. Auch Erika Prabst aus Grafing widmet sich gerne Wolle und Blumen. Das Besondere bei ihr aber ist, dass diese beiden Hobbys zudem gleichsam abfärben, auf ihre dritte Leidenschaft, die Kunst: In ihrer neuen Ausstellung in der Glonner Klosterschule zeigt die 78-Jährige unter anderem Objekte und Bilder aus Fäden sowie gemalte Pflanzentableaus.

Keines der Werke ist älter als drei Jahre. Trotzdem fühle sich die Schau an wie eine Art Retrospektive

Überhaupt ist die Vielfalt der Schau beeindruckend. Erika Prabst zeigt diesmal drei Themen: textile Objekte unter dem Titel "Kleider meines Lebens", eine "Hommage an Klimt, Klee, Matisse" sowie abstrakte, figürliche und eben florale Malerei. "In dieser Ausstellung steckt sehr viel Arbeit", sagt die Grafingerin, denn sie habe die Corona-Zeit intensiv genutzt, um kreativ zu sein und sich vor allem längerfristigen Themen zu widmen. Das bedeutet: Keines der Werke in der Glonner Klosterschule ist älter als drei Jahre. Trotzdem, so Prabst, fühle sich die Schau an wie eine Art Retrospektive, wie ein Überblick und ein gewisser Abschluss. "Ich weiß jedenfalls nicht, ob ich nochmal so ein großes Projekt stemmen werde."

Geboren wurde Erika Prabst 1944 in Murnau, heute lebt und arbeitet sie in Grafing. 1987 begann sie, sich malerisch und grafisch auszubilden, etwa an der Europäischen Kunstakademie in Trier, an der Akademie Bad Reichenhall oder in Seminaren bei verschiedenen Künstlern. Ihr Glück fand sie dabei zunächst in der Aquarellmalerei. "Ich dachte, ich mache nie wieder etwas anderes", erzählt die 78-Jährige und lacht, denn mittlerweile sei sie doch vor allem bei den Acrylfarben gelandet. Ihr Repertoire reicht aber auch darüber weit hinaus, auch Hinterglasmalerei oder Papierarbeiten gehören dazu.

Prabsts "Kleider" bestehen aus Tonbändern, Tablettenblistern, Papier und Blüten

Ein neuer, absoluter Hingucker sind "Die Kleider meines Lebens": Vier Gewänder hat Prabst geschaffen, allesamt sehr persönliche Arbeiten. Das erste ist ein dunkles, edel glitzerndes Kleid, Stil Jahrhundertwende, das komplett aus Tonbändern besteht. Prabst hat sie verstrickt und damit ein würdevolles Ende für ein Kapitel gefunden: Auf den Kassetten, so erzählt sie es, hätten sich lauter selbst aufgenommene "Familiengeschichten" befunden, Erzählungen und Musik. "An all das habe ich mich während dieser Arbeit zurückerinnert."

Das zweite Gewand, ein Etuikleid, wie Prabst immer eines besaß, heißt "Begegnungen". Dafür hat die 78-Jährige Papierbögen mit Tusche bunt bemalt und beschriftet, und zwar mit all den Namen ihres Lebens, die ihr "so spontan eingefallen" sind. Dann hat sie das Papier in Streifen geschnitten und wiederum zu einem Kleid verarbeitet. Die ganz aktuellen Namen übrigens umschwirren die Schneiderpuppe an einer Drahtspirale. Doch keine Sorge: Prabst hat sie alle so zerschnitten, dass keiner lesbar ist.

Weiter geht es mit "Vorbei der Traum", einem sexy Body - aus lauter silbernen Blistern. "Mein Kardiologe sagte, die vielen Tabletten seien meine Stütze, so kam ich auf die Idee eines solchen Korsetts", erklärt Prabst. Und so stehe die Arbeit nun in ihrer Gegensätzlichkeit für den Abschied von einem körperlichen Ideal.

Doch das ist längst nicht das Ende der Geschichte - denn es gibt ja noch den Garten. Also lässt Prabst ein pinkes "Blütenhemd" folgen, aufgehängt an einem simplen Ast. Dieses Oberteil ist geformt aus lauter getrockneten, aufgeklebten Blüten der Bougainville. Eine überaus fragile, aber tröstliche Arbeit.

Die Grafingerin ehrt Klimt, Klee und Matisse mit freien Assoziationen

Die zweite große Werkgruppe sind Prabsts Hommagen an drei große Maler, an Gustav Klimt, Paul Klee und Henry Matisse. Die Grafingerin kopiert deren Werke allerdings nicht, sondern zeigt ganz frei ihre Sichtweise auf diese in Malerei, Papierobjekten und textilen Collagen. An Klimt habe sie vor allem seine überbordende Ornamentik fasziniert, sagt sie, mit Nadel und Schere, aber auch dem Pinsel spürte sie dieser nach.

Bei Matisse ging es Prabst vor allem um dessen kräftige, mediterranen Farben, die sie wiederum malerisch sowie strickend nachempfunden hat. Ein aus der Biografie von Matisse entlehntes Motiv sind die "Gärten von Tanger" (Marokko), die Prabst auch selbst schon erleben durfte. Mit Klee hingegen teilt sie die Erfahrung einer Ägyptenreise. Außerdem standen die verschiedenen Techniken und Materialien des berühmten Malers Pate für Prabsts Werke, die teils gegenständlich, teils abstrakt gestaltet sind.

Dass die 78-Jährige sämtliche Schattierungen zwischen diesen beiden Polen malerisch beherrscht, beweisen auch ihre gänzlich freien Acrylbilder. Da gibt es ein "Gartenzimmer" mit Werken, die in mit ihren Abstrahierungen die Stimmung in Prabsts grünem Refugium wiedergeben. Allerorts hingetupfte Blüten, weiche Gräser, saftige Blätter. Oder den "Lasurraum" mit sehr feinen, luftigen Arbeiten, die ebenfalls trotz ihrer Ungegenständlichkeit floral und stofflich wirken. Dazu gesellen sich in der charmanten, großflächigen Galerie diverse Miniaturen, auch so manches Figürliches hat Eingang gefunden. Eines dieser ebenfalls stark abstrahierten Bilder heißt "Anprobe" - und so schließt sich wieder der Kreis.

Ausstellung "Mit meinen Augen" von Erika Prabst in der Klosterschule Glonn, geöffnet samstags, 14./21. Mai, von 14 bis 18 Uhr und sonntags, 15/22. Mai, von 11 bis 18 Uhr.

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