Süddeutsche Zeitung

G-7-Gegnerin:"Ich bin nicht alleine"

Lesezeit: 2 min

Rosi Reindl aus Glonn nimmt sich extra eine Woche Urlaub, um beim G-7-Gipfel für eine gentechnikfreie Landwirtschaft protestieren. "Es ist wichtig, vor Ort dabei zu sein", sagt sie.

Von Carolin Fries, Glonn

An diesem Sonntag wird sich Rosi Reindl, 48, aus Glonn auf den Weg nach Gramisch-Partenkirchen machen. Die gelernte Apothekenhelferin, die als Reinigungskraft arbeitet, will beim G-7-Gipfel demonstrieren. Reindl ist seit 2005 Mitglied der ÖDP, 2009 und 2013 hat sie im Wahlkreis Ebersberg-Erding für den Bundestag kandidiert.

SZ: Sie stehen in den Startlöchern, um in Garmisch-Partenkirchen zu protestieren. Wogegen genau?

Rosi Reindl: Gegen eine falsche Landwirtschaftspolitik, die die Flüchtlinge in die Boote treibt. Das klingt jetzt plakativ, die Problematik ist komplexer, aber: Unsere Dumpingpreis-Politik ist mitverantwortlich für die Zerstörung der Lebensgrundlagen in anderen Ländern.

Die Landwirtschaft ist Ihr Lieblingsthema, andere Demonstranten haben andere Themen. Glauben Sie, dass Ihre Botschaft ankommt?

Wir brauchen natürlich die ganzen Puzzleteile an Aktivitäten. Dazu gehören aber nicht nur Infostände, sondern auch Aktionen vor Ort. Es ist wichtig, vor Ort dabei zu sein, auch mit dem Wissen, dass das den Garmischern nicht gefällt. Dass man etwas erreichen kann, zeigt die Tatsache, dass seit zwei Jahren kein gentechnisch verändertes Saatgut mehr bei uns angebaut wird, auch nicht in Versuchen.

Fahren Sie als Mitglied einer Organisation oder als Privatperson?

Ich fahre als eine von hoffentlich vielen Einzelpersonen. Zwar bin ich deutschlandweit gut vernetzt, jedoch nicht im "Stop G 7 Elmau"-Team. Die organisieren die Rahmenveranstaltungen.

Der Gipfel beginnt erst in einer Woche. Was machen Sie bis dahin?

Am Sonntag will ich mir einfach mal den Veranstaltungsort anschauen. Am Dienstag besuche ich dann ein kritisches Theaterstück in Rosenheim, am Mittwoch ist der Alternativgipfel in München, wo unter anderem der bekannte Globalisierungskritiker Jean Ziegler spricht. Am Donnerstag ist die Großdemo in München , ab Freitag gibt es dann Programm in Elmau.

Sie nehmen eine Woche Urlaub, buchen eine Pension in Mittenwald, zahlen viel Geld für Unterkunft und Verpflegung. Andere legen für das Geld eine Woche die Füße hoch.

Das ist meine Art von Wellnessurlaub. Es macht mich zwar nicht schöner, im Gegenteil: Die Augenringe werden größer. Nur eine Gemeinsamkeit gibt es: Hinterher muss auch ich wieder sparen.

Nach den gewalttätigen Ausschreitungen in Frankfurt: Haben Sie keine Angst?

Nein, ich habe keine Angst. Derartige Ausschreitungen kann es bei jedem Fußballspiel geben.

Welche Themen wollen Sie in Elmau neben der Landwirtschaft noch loswerden?

Ich werde natürlich gegen die Freihandelsabkommen demonstrieren und gegen die Patentierung von Pflanze und Mensch. Seit zwei Jahren gibt es einen entsprechenden Bundestagsbeschluss und es passiert - nichts! Auf meinem Schild aber werde ich für gentechnikfreie Landwirtschaft werben.

Gibt es für Sie einen Programmhöhepunkt in Elmau?

Das wüsste ich jetzt nicht. Ich bin sehr gespannt, wie die Politik mit den Demonstranten umgehen wird. Wie Innenminister Joachim Herrmann mit der Sache umgeht, ist für mich eine einzige Provokation, die in keiner Weise deeskalierend wirkt, sondern Aggressionen schürt.

Sehen Sie denn gar nichts Gutes an dem G-7-Gipfel, der sich ja auch auf einen Plan zur Bekämpfung von Epidemien wie Ebola verständigen will?

Ein Miteinander ist wichtig. Aber dabei muss der Gedanke an das Gemeinwohl im Mittelpunkt stehen - und nicht die Interessen Einzelner.

Sind Sie nach einer Großdemo glücklich?

Ich lerne viele sympathische und interessante Leute kennen, das macht das Engagement erfüllend, und es zeigt mir: Ich bin nicht alleine.

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Quelle:
SZ vom 30.05.2015
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