Süddeutsche Zeitung

Energiewende im Landkreis Ebersberg:Grundsatzbeschluss ohne Folgen

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Plienings Gemeinderat ringt sich dazu durch, die landkreisweite Suche nach Standorten für Windräder unterstützen zu wollen. Die Grünen scheitern mit ihrem Antrag, die Gemeinde stärker in den Fokus zu nehmen

Von Alexandra Leuthner, Pliening

21 Windräder müssen im Landkreis gebaut werden, wenn es mit der Klimaneutralität bis zum Jahr 2030 klappen soll. Ob davon eines oder gar mehrere auf Plieninger Gemeindegebiet stehen werden, ist nach der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstagabend trotz intensiver Debatte und eines schließlich doch zustande gekommenen Beschlusses nicht viel klarer geworden. Letztendlich hatte ein von der CSU-Fraktion abgeänderter Beschlussvorschlag im Gremium eine Mehrheit gefunden, welcher der Gemeinde im Rahmen der landkreisweiten Bemühungen um den Ausbau der Windenergie im Gegensatz zum ursprünglichen Antrag der Grünen-Fraktion eine Nebenrolle zuweist.

Anfang Juni schon hatten Bündnis 90/Grüne einen Grundsatzbeschluss beantragt, der nun in der Feriensitzung behandelt wurde. Bürgermeister Roland Frick (CSU), dem wohl die teils heftig geführte Auseinandersetzung um fünf geplante Windräder im Ebersberger Forst noch gut im Gedächtnis geblieben ist, hatte um Sachlichkeit und den Verzicht auf gegenseitige Schuldzuweisungen gebeten. Neben einem grundsätzlichen "Ja" zum Bau von Windrädern im Landkreis hatten die Grünen explizit beantragt, dass auch die Gemeinde Pliening "ihren Beitrag dazu leisten" solle. Der Gemeinderat solle sich dafür aussprechen "in Abstimmung mit den Nachbargemeinden nach geeigneten Standorten zu suchen und für diese Grundstücke Teilflächennutzungspläne auszuweisen".

Es gäbe einige potenzielle Standorte im Gemeindegebiet

Tatsächlich seien 2013 im Zuge der landkreisweiten Suche nach Konzentrationsflächen drei Gebiete im Gemeindegebiet als potenzielle Standorte herausgearbeitet worden, erläuterte Frick. Zwei davon, nämlich einer südlich des Speichersees und ein weiterer in der Finsinger Au seien damals nicht in Frage gekommen, der erste aus naturschutzrechtlichen Gründen, der zweite, weil er zu klein gewesen sei für mehrere Windräder, die man damals, um eine "Verspargelung" der Landschaft zu vermeiden, jeweils an einem Ort habe bauen wollen. Zudem wäre er zu nahe am Funkfeuer Ottersberg gewesen, das heute kein Ausschlussgrund mehr sei. Heute gehe man, anders als noch 2013 aufgrund verbesserter Technik der Windanlagen sowie größerer Höhe und daher besserer Windausbeute von 21 Windrädern im Gegensatz zu 35 Anlagen aus.

Auf ein grundsätzliches "Ja" zum Klimaziel des Landkreises und zur Errichtung von Windrädern ließ sich der Gemeinderat zwar einstimmig ein, aber das müsse ja nun nicht ausgerechnet in Pliening geschehen. Das zumindest war der Tenor der Einlassung von Emmeran Königer junior (CSU): "Alles was unangenehm ist, kommt zu uns", erklärte er, und verwies auf die Hochspannungsleitungen, die Flughafentangente Ost, das Umspannwerk von Eon bei Landsham. Zugleich gebe es aber auch ein Vogelschutzgebiet beim Speichersee, wo unter anderem Kiebitze zu Hause seien. Auch die seien vom Schattenschlag eines Windrades betroffen. Sein Fazit: "Auch wir sehen Klimaschutz als notwendig an, aber wo bleibt denn der andere Naturschutz?"

In die gleiche Kerbe schlug sein Parteifreund und Fraktionsvorsitzender René Buchmann. Man rede hier von Außenbereichen, und das betreffe die Landwirte. Ein Windrad von 180 Metern Höhe schlage einen Schatten von 1,4 Kilometern. Er wolle von jedem, der dafür stimme, einen Vorschlag, wo so ein Windrad stehen solle. Ihm sei "das alles zu schnell und zu früh." Buchmann wies auch darauf hin, dass Pliening - Stand 2018 - bereits 54,3 Prozent seines Stroms regenerativ erzeuge durch Photovoltaikanlagen und Bioheizkraftwerke.

Bisher hat sich keine Gemeinde vorgedrängelt

"Auf was wollt Ihr eigentlich noch warten?", hielt ihm die Fraktionssprecherin der SPD, Eva Strauss, entgegen und hatte ganz offenbar Mühe, dem von Frick geforderten Verzicht auf Emotionen nachzukommen. Vor sechs Wochen habe man im Westen Deutschlands eine dem Klimawandel geschuldete Naturkatastrophe erlebt, und es sei noch gar nicht so lange her, "dass es hier eure Kartoffeln auf die Straße geschwemmt hat", sagte sie an die CSU und die dort engagierten Landwirte gerichtet. Sie halte deren Argumentation im Hinblick auf die Katastrophe, die uns alle erwarte nicht für fair. Gabriele Heigl und Margarita Pricha (Grüne) betonten, dass es um einen Grundsatzbeschluss gehe, und nicht darum, Standorte zu bestimmen, was laut Martin Schmidt-Roschow vom Bauamt auch ohne sachliches Gutachten unter den neuen Gesichtspunkten jeder Grundlage zunächst entbehren würde.

Eine Elfstimmen-Mehrheit aus CSU, Neuem Forum und Initiative für Pliening lehnte den Vorschlag der Grünen dennoch ab. Stattdessen nahm das Gremium den abgemilderten Vorschlag Buchmanns an: "Der Gemeinderat Pliening spricht sich dafür aus, in Abstimmung mit den Nachbargemeinden nach geeigneten Standorten zu suchen." Eine Zusammenkunft der Bürgermeister aus dem sogenannten Nord-Cluster - Pliening, Poing, Markt Schwaben, Anzing, Forstinning und Vaterstetten, dazu Finsing und Kirchheim in den Nachbarlandkreisen Erding und München - habe es bereits Ende Juli gegeben, berichtete Frick, vorgedrängelt habe sich dort auch keiner. Und so lautet das bisherige Ergebnis: keines.

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SZ vom 28.08.2021
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