Süddeutsche Zeitung

Im Alten Kino:Sehen, staunen, lachen

Lesezeit: 3 min

Die Ebersberger Kindertheatertage bieten von diesem Mittwoch, 10. November, an hochwertige Kultur für kleine Zuschauer.

Von Michaela Pelz, Ebersberg

Leuchtende Augen, angehaltener Atem, haltloses Gelächter ... Jeder, der auch nur einmal bei einer Kindertheatervorstellung diese ganz besondere Atmosphäre von gespannter Aufmerksamkeit, purer Begeisterung und ausgelassener Freude erleben durfte, wird die nachhaltige Wirkung einer solchen Kulturerfahrung auf das junge Publikum bestätigen können. Ganz egal, ob das Mitfiebern nun den Abenteuern von Puppen oder dem Schicksal von echten Schauspielerinnen und Schauspielern gilt, so stark im Hier und Jetzt wie im verdunkelten Zuschauerraum, zusammen mit anderen großen und kleinen Menschen, ist man sonst nur noch ganz selten.

Das weiß auch Peter Hölzer, als Abteilungsleitung Soziale Arbeit der Stadt Ebersberg für die nunmehr zwölfte Auflage der seit 2009 stattfindenden "Kindertheatertage" verantwortlich. Deswegen ist es ihm so wichtig, die beliebte Veranstaltungsreihe nach der Zwangspause 2020 nun endlich wieder durchführen zu können. Doch es geht dem zweifachen Vater nicht nur darum, gerade in der aktuell wieder sehr herausfordernden Zeit besondere Erinnerungen für Kindergarten- und Schulkinder zu schaffen, sondern um ein künstlerisch wertvolles Angebot. Klar erkennbar sei das am direkten Kontakt der Schauspieler zu den Kindern, einem Andocken an deren Lebenswelt und auch, dass man sehen könne, "wie es gemacht wird: Wenn auf der Bühne aus einem Holzklotz erst ein Auto wird, danach eine Großmutter und dann wieder etwas anderes, weiß jeder, was gemeint ist. Denn genauso spielen Kinder."

Anders als im Fernsehen oder Kino, wo vor allem Tricks und raffinierte Nachbearbeitung für einen Aha-Effekt sorgen, sei es die Kunst der Kindertheater-Akteure, ihr Tun teilweise sogar zu erklären, gleichzeitig aber dafür zu sorgen, dass alle die Realität ausblenden und nur noch die Figuren und das Stück sehen.

Perfekt gelingt das zum Beispiel dem vielfach preisgekrönten Theater Zitadelle, das aus Berlin stammt und an der dortigen Ernst Busch Hochschule im Studiengang Puppenspielkunst sein Handwerk erlernt hat. Was für übrigens ganz viele herausragende Ensembles in diesem Bereich gelte, so Hölzer. Der Sohn der Puppenspielerfamilie Wagner, Daniel, präsentiert ein "Rotkäppchen", wie man es wohl noch nicht erlebt hat. Die dabei gezeigte Verbindung aus "toller Puppenführung und eigener, beeindruckender Präsenz auf der Bühne" sei, so Hölzer, "absolut gelungen und sehr witzig". Und zwar definitiv nicht nur für das avisierte Publikum ab vier Jahren. Weil, auch wenn alle das gleiche Stück sähen, unterschiedliche Sachen wahrgenommen würden, da sich manche Details und Spitzfindigkeiten nur Erwachsenen erschlössen.

Das gilt sicher auch für "Vorsicht, Wilma!", dargebracht von den Eltern Wagner, Ralf und Regina. Hier geht es um Omas Geheimnis in einer Häkeltasche, dem die neugierige Enkelin mit viel Kreativität auf den Grund gehen möchte.

Wie auch beim Stück "Kleiner Eisbär" des Karlsruher Marotte Figurentheaters handelt es sich bei den oben genannten Vorstellungen um für Kindergärten und Schulen reservierte Veranstaltungen. Doch natürlich fehlen auch heuer nicht die Familienvorstellungen, die oft auch Erwachsenen einen ganz neuen Blickwinkel auf das Konzept "Kindertheater" verschaffen. Bei "Der gestiefelte Kater" von Kristine Stahl aus Naumburg kann man dabei die spannende Verbindung von Puppen- und Schattentheaterelementen erleben, während das Theater Handgemenge, Ballwitz, in "Königs Weltreise" mit viel Witz und Musik mehr als 60 Flachfiguren zum Leben erweckt und in die unterschiedlichsten Umgebungen schickt.

Hier zeigt sich auch nochmals in besonderem Maße, warum der Besuch des wunderschönen Alten Kinos mit seiner ganz besonderen Atmosphäre nicht nur einen zusätzlichen Reiz bedeutet, sondern unabdingbar für solche Veranstaltungen ist. "Der Aufbau allein dauert schon fünf Stunden, das kann man nicht im Kindergarten machen. Weder passt das Schattentheater dort hinein, noch kann man für eine passende Verdunklung sorgen", präzisiert Hölzer.

Nicht zu vergessen die Chance für alle Kinder, einen Zugang zur Erlebniswelt "Theater" zu finden, auch für jene, "die die ganz tollen Angebote im alten Kino und alten Speicher für Kinder bisher vielleicht gar nicht so wahrgenommen haben." So spricht Hölzer eine Einladung an alle aus, sich die "45 bis 60 Minuten geschenkte Zeit für eine Reise in die Fantasie der Puppenspieler" zu gönnen. Die dafür geltenden Hygienevorschriften lassen sich tagesaktuell der Website des Alten Kinos entnehmen wie auch die Details zu den Veranstaltungen.

Tickets für die Nachmittagstermine gibt es unter (08092) 255 92 05. Weitere Infos: https://kultur-in-ebersberg.de/programm/kindertheatertage-8

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Quelle:
SZ vom 06.11.2021
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