Süddeutsche Zeitung

Ausgezeichnet:Blick in die Zukunft

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Grafinger Gymnasiasten beschäftigten sich im Rahmen eines P-Seminars mit dem 3D-Modell der Stadt. Das Kultusministerium zeichnete sie dafür mit einem Preis aus

Von Carolin Schneider und Laura Heide, Grafing

Drei Teams - eine Vorgabe: "Arbeitet mit dem 3D-Modell der Stadt Grafing." So lautete die Aufgabe, die die Lehrer Dagmar Feller und Marc Schuster den Schülern ihres P-Seminars stellten. "Die Schüler haben ihre Arbeit sehr ernst genommen und sich auf einen langen Weg eingelassen", sagte Feller bei der Präsentation des Projektes am Gymnasium zum Abschluss der eineinhalb-jährigen Arbeit. Selbst der Stress während den Klausurphasen hat sich gelohnt: Das Kultusministerium zeichnete das P-Seminar als eines der drei besten in Oberbayern-Ost aus.

Das Seminar basiert auf dem 3D-Modell der Stadt Grafing. "Mithilfe des Modells wollen wir die Kommunalpolitik für die Bürger vereinfachen", erklärt Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne). In enger Zusammenarbeit mit der Grafinger Firma Cadfem gelang es, ein 3D-Stadtmodell herzustellen. "Unser Ziel war es, einen digitalen Zwilling, der simultan zur realen Stadt lebt, zu entwickeln", so Günter Müller, ehemaliger Geschäftsführer und Gründer der Firma, die sich mit rechnerischen Simulationen auseinandersetzt.

"Neben dem Interesse, an einem zukunftsbezogen Projekt zu arbeiten, war auch die Zusammenarbeit mit Cadfem ein Grund für mich, daran teilzunehmen", sagt Tom Wetterich. Der 17-Jährige verfolgte mit seiner Gruppe das Ziel, das geplante Neubaugebiet "Aiblinger Anger" zu modellieren und schlussendlich in das Modell zu integrieren. Dazu mussten Baupläne organisiert, Häusermodelle erstellt und bis ins kleinste Detail verfeinert werden. "Die Beschaffung der Baupläne und das Arbeiten mit den Programmen verlief nicht immer reibungslos", gesteht Tom Wetterich. Zum Schluss erweist sich die Arbeit jedoch als erfolgreich: Das Neubaugebiet ist nun Teil des 3D-Modells.

Die zweite Gruppe fügte dem Modell nichts Neues hinzu, sondern nutzte die bereits vorhandenen Daten: Die Schüler untersuchten, ob sich Solarzellen an Hauswänden als Alternative zu solchen auf Dachflächen anbieten. "Wir wollten etwas mit Solarenergie machen, da das eine gute Möglichkeit für die Zukunft darstellt", erklärt Anna Fröhlich. "Da es Solarkataster im Landkreis Ebersberg für Dachflächen bereits gibt, sind wir auf die Idee gekommen, die Wandflächen zu untersuchen". Zwar habe sich die Vorgehensweise als sehr zeitaufwendig erwiesen, sagt die 18-Jährige, doch habe sich die ganze Datenbeschaffung und -veranschaulichung, die Berechnungen der Strukturen von Dach und Wänden, der Sonneneinstrahlung und der abschließenden Auswertung und Darstellung der Daten gelohnt: Die Schülerinnen kamen auf das Ergebnis, dass 21 Prozent des Solarpotenzials des untersuchten Hauses durch Solarzellen an den Wandflächen abgedeckt werden könnte.

Die dritte Gruppe verfolgte den Ansatz, sich mit Hilfe von Senseboxen Umweltdaten wie Temperatur, UV-Einstrahlung und Luftdruck und -feuchtigkeit zu beschaffen. "So etwas habe ich noch nie gemacht, doch es hat mir großen Spaß gemacht", sagt Lucas Weiss. Die Schüler verteilten drei Boxen an verschiedenen Orten. Die aufgenommenen Daten wurden auf eine selbst programmierte Website übertragen, wo sie stets abrufbar sind. Vorgesehen war, die Daten auch in das 3D-Modell einzuspeisen. Dies gelang nicht, da die Speicher der Boxen zu klein waren und die Sensoren schnell den Geist aufgaben. "Die Gruppe war ihrer Zeit voraus", sagt Müller. "In Zukunft wird es bestimmt leichter, solche Messungen durchzuführen, da die Senseboxen preiswerter und leistungsfähiger werden."

Anerkennung für dieses zukunftsfähige Projekt hagelt es trotzdem von allen Seiten: Lehrer Marc Schuster betont, die Schüler allein hätten die Leistung erbracht, "wir haben lediglich die Rahmenbedingungen gestellt". Das "genaue und begeisterte Arbeiten" mache ihn stolz. Außerdem scheint das P-Seminar die Schüler gedanklich weiter gebracht zu haben: "Ich kann mir jetzt gut vorstellen, später mal Physik zu studieren. Ich möchte auf jeden Fall in die naturwissenschaftliche Richtung gehen", sagt Anna Fröhlich am Ende.

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SZ vom 29.01.2018
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