Süddeutsche Zeitung

Das ist schön:Lachen verboten

Lesezeit: 2 min

Wie Humor in der Krise funktioniert, zeigt Bully Herbigs neue Comedy-Show "LOL".

Von Bernhard Blöchl

Seit mehr als einem Jahr haben Humoristen nichts zu lachen, das gilt auch für ihr Publikum. Eine Pandemie ist eine ernste Angelegenheit, da ist kein Platz für Witze - von der Pointenjagd beim Verordnungswirrwarr und verblendeten Aluhutknallköpfen mal abgesehen. Bühnen gibt es nur im Netz, die Schar der Kabarettisten ist ausgebremst. Nicht ganz. Ausgerechnet jetzt, im Aufschwung der dritten Corona-Welle lockt ein Comedy-Format beim großen Streaming-Anbieter mit A, das den Zeitgeist zum Programm erhebt: Es untersagt das Lachen - und ist doch zum Brüllen komisch. "LOL" heißt der Hit in sechs Folgen, also "Last One Laughing". Das Prinzip: Wer zuletzt lacht, gewinnt die Show. Sechs Stunden lang legen sich zehn Kandidaten ins Zeug, den anderen ein Kichern abzuringen. Die zweite Ermahnung bedeutet den Auszug aus dem Studio-Wohnzimmer. Der Gewinner kassiert 50 000 Euro für den guten Zweck.

In Staffel eins des von Bully Herbig moderierten Gaudi-Wettstreits passieren die verrücktesten Dinge. Der famose Kinski-Parodist Max Giermann lässt sich von Pokerface Torsten Sträter den Schädel rasieren, Gast Heino singt auf Helium, und wenn sich der Newcomer Teddy Teclebrhan einen blonden Schnauzer ins dunkelhäutige Gesicht klebt, schwäbelnd und mit rollendem "R" Nonsens-Sätze herausdrückt, um anschließend seinen Kopf durch ein Mona-Lisa-Bild zu stecken, gibt es eh kein Halten mehr. Für die Zuschauer wohlgemerkt, die Kandidaten haben im quälenden Unterdrückungskampf Tränen in den Augen.

Das Format hat der Münchner Bully Herbig nicht erfunden. Der Ursprung liegt in Japan, von dort aus ging die Show um die Welt wie ein Witz in universeller Sprache (die australische Adaption mit Rebel Wilson ist vogelwild, ebenfalls zu sehen auf Amazon Prime). Und man ertappt sich bei dem Gedankenspiel, was wohl wäre, wenn nicht gute Humorarbeiter wie Anke Engelke und Kurt Krömer, Carolin Kebekus und Mirco Nontschew in einen Raum voller Kameras gesperrt worden wären, sondern die bayerischen Politprofis Markus Söder, Hubert Aiwanger und Michael Piazolo. Wer lachte zuerst? Söder, wenn Aiwanger die Biergartenregeln für den kommenden Sommer erklärt? Aiwanger, wenn Söder Öffnungen "bis Ende der Oktoberferien" verbietet, wie neulich, als er "Osterferien" meinte? Oder am Ende beide, wenn Piazolo behauptet, Distanzunterricht gibt es bald ruckelfrei für alle?

Das Gefühl, lachen zu müssen, obwohl einem nicht danach zumute ist, kennen wir aus den Jahren des Virus gut. Wie befreiend es sein kann, trotzdem loszuprusten, zeigt "LOL". Lachen macht glücklich, man darf das auch in schweren Zeiten, egal, wer oder was einen zum Lachen bringt. Das ist schön und wird immer schön bleiben.

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Quelle:
SZ vom 17.04.2021
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