Süddeutsche Zeitung

Beschwerden:Bahnhof Petershausen: Müll und technische Defekte

Lesezeit: 3 min

"Die Situation wird mit jeden Tag schlechter", sagt FW-Gemeinderat Josef Mittl. Auch in Hebertshausen häufen sich die Klagen.

Von Petra Schafflik, Petershausen

Müllhalden am Bahnsteig, Glasscherben in der Unterführung zu den Gleisen, defekte Zug-Anzeigen und ein Aufzug, der seit Tagen nicht funktioniert: Derart desolat wie in den vergangenen zwei Wochen war die Situation am Petershausener Bahnhof noch nie, erklärt Josef Mittl. Der Gemeinderat (FW), der sich seit Jahren als ehrenamtlicher Bahnhofspate für die S-Bahn-Station engagiert, ist fassungslos. "So oft wie derzeit bin ich noch nie auf den Saustall am Bahnhof angesprochen worden." Seine Sorge: "Hat die Bahn diese Station schon aufgegeben?" Trotz intensiver Bemühungen und zahlreicher Kontakte zur zuständigen Bahn-Abteilung DB Station und Service konnte Mittl nichts erreichen. "Die Situation wird mit jedem Tag schlechter." Weil der Wind den Unrat verteilt, der Regen die Abfälle in eine stinkende Masse verwandelt. Aber nicht nur der Bahnhof in Petershausen verlottert. Auch Nutzer anderer S-Bahnhöfe im Landkreis schilderten Mittl bereits ähnliche Missstände. Wegen der Zusatzbelastung durch die gerade erst zu Ende gegangene Wiesn will Josef Mittl noch kurz abwarten. "Dann starten wir in Petershausen eine Reinigungsaktion in Eigenregie."

Von Sauberkeit kann am Bahnhof Petershausen schon lange nicht mehr gesprochen werden. Natürlich sei es zur Wiesn nicht leicht, eine Endstation sauber zu halten, sagt Mittl. "Aber gerade in dieser Zeit sollte doch besonders auf die Sauberkeit geachtet werden." Und in den Zügen klappt es offenbar. Mittl jedenfalls hat am Bahnhof häufiger Servicekräfte beobachtet, die mit Müllbeuteln unterwegs waren und engagiert für Sauberkeit sorgten - allerdings in den Zug-Abteilen, nicht auf dem Bahnsteig. Der Zustand in Petershausen mag eklatant sein, auch an anderen S-Bahnhöfen im Landkreis lagert Unrat, wird viel zu selten aufgeräumt und geputzt. "Es scheint fast so, als ob die Bahn sich mit der Situation so abgefunden hat", erklärt Hebertshausens Bürgermeister Richard Reischl (CSU), bei dem regelmäßig Bürgerbeschwerden eingehen.

Defekte Aufzüge

Fast gravierender noch als mangelnde Sauberkeit sind aber defekte Aufzüge. So ein Lift müsse doch sofort repariert werden, findet Bahnhofspate Mittl. "Stattdessen wird ein Aufkleber angebracht." Für Menschen mit Handicap eine ausweglose Situation: "Sie stehen dann am Bahnsteig und kommen nicht herunter, das geht einfach nicht", schimpft er. Ein Problem, mit dem Reisende sich auch am S-Bahnhof Hebertshausen konfrontiert sehen. "Seit Juni ist der Lift defekt", weiß Bürgermeister Reischl. Eine junge Frau aus dem Ort, die auf den Rollstuhl angewiesen ist, könne seitdem nicht mehr mit der S-Bahn fahren. Im August sei dann eine Reparatur binnen 14 Tagen fest zugesagt worden. "Der Aufzug funktioniert bis heute nicht."

Die Versprechungen der zuständigen DB-Service hören sich anders an. "Sollte trotz regelmäßiger Wartung und Kontrolle eine technische Anlage ausfallen, werden die Instandsetzungsteams umgehend benachrichtigt. Diese sorgen dafür, dass die Anlage schnellstmöglich wieder in Betrieb geht", heißt es auf der Internetseite von DB Station und Service. Die genervten Bahnreisenden im Landkreis warten auf eine derart prompte Reaktion seit Wochen. Durch einen Wechsel des Dienstleisters käme es zu Engpässen, hat Josef Mittl immerhin bei seinen Nachfragen von der Bahn erfahren. Dennoch dürfe so ein Zustand nicht über Wochen dauern, findet der Bahnhofspate. In Petershausen wollen die Bürger den Dreck am Bahnhof jedenfalls nicht länger ertragen. Jetzt nach der Wiesn will Mittl noch wenige Tage abwarten. "Wenn es dann immer noch so furchtbar aussieht, starten wir eine Rama-Dama-Aktion am Bahnhof". Freiwillige haben ihre Hilfe schon angeboten.

Nachtrag

Nach einem SZ-Bericht über den desolaten Zustand des Petershausener S-Bahnhofs mit überquellenden Müllbehältern und defektem Aufzug nimmt nun die Bahn zu den Missständen Stellung. Auch das Unternehmen selbst sei "unzufrieden gewesen mit den Reinigungsarbeiten, die in unserem Auftrag entlang der Linie S 2 nach Petershausen durchgeführt wurden", teilt ein Unternehmenssprecher mit. Von dem beauftragten Reinigungsunternehmen habe man sich getrennt und eine andere Firma engagiert. Die Bahn gehe davon aus, "dass nun wieder besser gereinigt wird". Eine erste Nassreinigung sei schon durchgeführt worden. Tatsächlich ist in der Unterführung geputzt worden, bestätigt Petershausens Bahnhofspate Josef Mittl. "Am Gleis schaut es nach wie vor verheerend aus."

Zum defekten Lift in Petershausen teilt die Bahn mit, dieser Aufzug sei "immer mal wieder" aufgrund von Wassereinbrüchen ausgefallen. Zuletzt sei die Anlage am 28. September repariert worden und laufe seitdem störungsfrei. Diese Information hat auch Mittl so erhalten, der sich darüber nur wundern kann. "Der Aufzug geht bis heute nicht." Er vermutet Kommunikationsprobleme innerhalb des Bahnkonzerns, wenn die konkrete Situation in der Münchner Zentrale offenbar nicht bekannt sei.

Auch der Aufzug am Bahnhof Hebertshausen ist defekt, und das bereits seit Juni. Hier bittet die Bahn um Geduld. Dieser Aufzug "musste stillgelegt werden aufgrund eines massiven Vandalismus-Schadens". Die beschädigten gläsernen Lifttüren müssen getauscht werden. Weil es sich aber in Hebertshausen um Sondermaße handelt, gebe es lange Lieferzeiten. Möglicherweise, so der Unternehmenssprecher, "wird es bis Ende November dauern."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3189922
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.10.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.