Süddeutsche Zeitung

Neujahrsempfang der CSU Haimhausen:Den Blick auf Europa gerichtet

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Die CSU feiert den Jahresbeginn mit der EU-Parlamentarierin Angelika Niebler, denn im Mai wird gewählt

Von Rudi Kanamüller, Haimhausen

Alles stand im Zeichen von Europa: Und so war Angelika Niebler am Freitagabend Ehrengast beim Neujahrsempfang der Haimhauser CSU. Mit "Freude schöner Götterfunken" empfingen ihre Parteifreunde sie im Schloss. Seit 20 Jahren ist Niebler Mitglied des Europaparlamentes und nach Manfred Weber ist sie die zweite Abgeordnete, die in Brüssel mitregiert, die bei einem Neujahrsempfang der Haimhauser CSU spricht. Es ist "eine Liebeserklärung an Europa", sagt der Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath später. Doch diese hat die Partei freilich nicht ohne Grund gewählt, denn in diesem Jahr wird das Europaparlament neu gewählt.

Doch trotz des spannenden Brexit-Krimis ließ die CSU den Blick nicht nur in die Ferne schweifen. Der Neujahrsempfang der Haimhauser CSU ist so etwas wie der inoffizielle Jahresempfang der CSU im Landkreis Dachau. Entsprechend groß ist die öffentliche Resonanz, das Auditorium der Bavarian International School voll besetzt. Zu Beginn erinnerte die Haimhauser CSU-Chefin Claudia Kops an 100 Jahre Wahlrecht für Frauen und das Thema Gleichberechtigung. "Wir haben noch viel zu tun, bis die Gleichberechtigung von Mann und Frau erreicht ist", sagte sie. Als Schritt in diese Richtung lobte sie das "Mentoring-Programm", das Angelika Niebler 2005 im Bezirk Oberbayern ins Leben gerufen hat. Es soll Frauen an die Politik heranführen und sie qualifizieren. Dennoch gäbe viel zu tun gebe, das zeige ein Blick in den Bundestag: Von 709 Abgeordneten sind gerade einmal ein Drittel Frauen.

Doch frei nach Guy de Maupassant (1850 - 1893), dem französischen Erzähler und Novellisten: "Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen." - richtete Kops ihren Blick auch auf die Ehrenamtlichen, um ihnen zu danken. Ihre Arbeit könne "ganz verschieden" sein. Wer sich bei der Feuerwehr oder dem Roten Kreuz engagiere, könne nicht einfach nein sagen, wenn er keine Lusthabe. Dort gebe es Dienstpläne oder Schulungen, die absolviert werden müssten. Außerdem leiden immer mehr Helfer unter "Übergriffen" von Menschen, denen sie eigentlich helfen wollten. Als Beispiel für gelebten Zusammenhalt der Gesellschaft nannten Kops den Einsatz von 30 Haimhauser Feuerwehrlern, die mit zwei Fahrzeugen und 100 Mitgliedern des THW in die Schneekatastrophengebiete Holzkirchen und Miesbach gefahren seien.

Auch Bürgermeister Peter Felbermeier ergriff das Wort. Er thematisierte die "Verunsicherung und den Wandel in der Gesellschaft", obwohl es dem einzelnen vermutlich so gut gehe wie nie. Die fortschreitende Digitalisierung beschleunige den Wandel zusehens, sagte er. Doch Haimhausen sei gut aufgestellt. Man sei "in spätestens zwei Jahren" bis in den "letzten Weiler" an das schnelle Glasfasernetz angeschlossen. Rund 700 000 Euro lasse die Gemeinde sich dies kosten.

Der Haimhauser Gemeinderat und Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath erinnerte im Zusammenhang mit Europa daran, dass "wir 74 Jahre Frieden in Deutschland und Europa haben." Besonders hob den Artikel eins des Grundgesetzes hervor: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Das gelte besonders für die Schwächsten der Gesellschaft, betonte Seidenath. Demokratie lebe schließlich vom Mitmachen. "Wer den 'Dexit' will (Austritt aus der EU, Anmerkung der Redaktion), dem muss die rote Karte gezeigt werden", forderte er. Gerade die Bavarian International School sei ein "lebendiges Beispiel" für den europäischen Gedanken.

Die Europaabgeordnete Angelika Niebler bezeichnete das Jahr 2019 als "historisches Jahr", wenn nicht sogar ein "Schicksalsjahr". Denn die erstarkenden Populisten und Nationalisten auf europäischer Ebene"wollen das Rad zurückdrehen und Europa wieder klein machen." Die Europawahl am 26. Mai sei deshalb "so wichtig wie nie". "Unterstützen sie die Volksparteien", appellierte Niebler an die Besucher. Denn es gebe Parteien, die "wollen dieses europäische Gefüge auflösen".

Die CSU habe heuer die "historisch einmalige Chance, dass einer von uns Chef in Europa wird", sagte die Abgeordnete. Der Niederbayer Manfred Weber könne zudem an die Spitze der EU-Kommission gewählt werden. Ein Mann, der stolz auf seine Wurzeln sei, versicherte Niebler.

Für Europa konstatierte sie "unruhige Zeiten: Der Brexit sei ein "historischer Fehler" der Briten. "Wir wissen, was wir wollen. Die Briten wissen es nicht." Die bayerische EU-Parlamentarierin hofft noch immer, dass irgendwie ein zweites Referendum zustande kommt. "Wir machen die Tür nicht zu", sagte sie. Allerdings sei die EU "kein Supermarkt, in dem man sich raussuchen kann, was man braucht und den Rest lässt man drin."

Die Herausforderungen wie wirtschaftliche Beziehungen zu anderen Ländern, das Thema Migration oder die Bekämpfung des Terrorismus werde man nur gemeinsam schaffen. Verständnis äußerte Niebler für die Sorgen von Kommunalpolitikern, die sich oft genug von Brüssel gegängelt fühlten. "Wir brauchen Europa nicht für die ganz kleinen Angelegenheiten." "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich jemand aus Zypern oder Griechenland melden wird, wenn es bei einer Ausschreibung um das Catering für einen Kindergarten oder eine Schule geht." Ihrer Ansicht nach gebe es viele Themen, "wo wir eigenständig unterwegs sein können". Niebler: "Wir müssen uns auf die Themen konzentrieren, die europaweit gehört werden müssen." Dazu gehöre es, dass Europa weiterentwickelt werde. In diesem Zusammenhang verglich sie Europa mit einem Haus. "Jedes Haus kommt mal in die Jahre." Und: "Europa lebt von seiner Vielfalt, auch wenn das Zusammenleben manchmal anstrengend ist."

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Quelle:
SZ vom 21.01.2019
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