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Naturschutz:Wo der Kleine Blaupfeil fliegt

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Rodung im Amperauwald soll seltene Tiere und Pflanzen schützen, die auf der Roten Liste stehen

Normalerweise ist im Amperauwald am Ochsenwehr kaum Betrieb, nur der Verkehr auf der nahen Stuttgarter Autobahn und der B 471 verursacht ein konstantes Rauschen im Hintergrund. In den vergangenen Tagen war das anders: Aus dem Wald tönte der Lärm von Motorsägen, und fünf Männer waren fleißig dabei, einen breiten Streifen entlang des namenlosen kleinen Quellbachs von Gehölzen zu befreien. Der Grund hierfür war jedoch nicht die Brennholzgewinnung für den nächsten Winter, sondern der Naturschutz.

Was zunächst seltsam klingt, macht bei näherer Betrachtung aber durchaus Sinn. "Auf alten Luftbildern sieht man, dass die Fläche hier früher so gut wie gehölzfrei war", erklärt Sebastian Böhm, Natura- 2000-Gebietsbetreuer bei den Landschaftspflegeverbänden Dachau und Fürstenfeldbruck. "Aus dieser Zeit haben sich viele extrem seltene Arten erhalten, die alle eines gemeinsam haben: Sie benötigen viel Licht." So finden sich hier noch Raritäten wie etwa der Kleine Blaupfeil, eine auffällige Libellenart, oder als eher verstecktes Kleinod der Kriechende Sellerie, eine Pflanze, welche sich deutschlandweit fast nur noch in Bayern südlich der Donau und Teilen Ostdeutschlands finden lässt. Beide haben ihren festen Platz auf der Roten Liste gefährdeter Arten und stehen stellvertretend für die reichhaltige Flora und Fauna am Ochsenwehr.

Um diese zu schützen, haben sich auf Initiative des Gebietsbetreuers viele Akteure zusammengefunden. Der Landkreis Dachau und die Gemeinde Bergkirchen als Grundstückseigentümer waren sofort bereit, die Aktion finanziell zu unterstützen. Der Landschaftspflegeverband Dachau half dem Gebietsbetreuer bei der Organisation, und es fanden sich auch im Handumdrehen zwei engagierte Garten- und Landschaftsbaubetriebe, die die Aktion umsetzten. "Es wäre schön, wenn Naturschutz immer so reibungslos klappen würde", stellt auch Esther Veges fest, Geschäftsführerin des Landschaftspflegeverbandes Dachau. Mit der Entfernung von Gehölzen ist es aber nicht getan. "Die Flächen werden ab sofort jedes Jahr durch den Landschaftspflegeverband Dachau weiter gepflegt. Das verhindert, dass sie wieder zuwachsen, außerdem fördert die extensive Nutzung viele seltene Pflanzen- und Tierarten", erklärt Gebietsbetreuer Sebastian Böhm.

Diese Pflege sei vergleichbar mit der früher entlang der Amper weit verbreiteten Streunutzung der Wiesen durch Landwirte, welche viele artenreiche Flächen entstehen ließ. Davon sind heute nur noch sehr wenige erhalten. Umso wichtiger, betont der Dachauer Landschaftspflegeverband, sei die sorgsame Pflege der verbliebenen Flächen, denen das Ampertal unter anderem seinen besonderen europäischen Schutzstatus als Natura-2000-Gebiet verdankt.

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SZ vom 15.02.2018 / SZ
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