Süddeutsche Zeitung

Nachbargemeinden:Beziehungskrise

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Odelzhausen sieht sich in der Verwaltungsgemeinschaft mit Sulzemoos und Pfaffenhofen untergebuttert. Bürgermeister Markus Trinkl fordert mehr Einfluss. Die Partner müssten dafür Kompromisse eingehen

Von Robert Stocker, Odelzhausen

Dass es mit diesem Rathaus eine besondere Bewandtnis hat, wird schon auf den ersten Blick klar. Das Haus mit Sprossenfenstern und Walmdach ist ein relativ kleines Gebäude. "Verwaltungsgemeinschaft Odelzhausen" steht auf der gelben Fassade. Es ist mit einem modernen Neubau verbunden, der dreimal so groß ist wie das Rathaus. Dort sind die Mitarbeiter der Verwaltung untergebracht. Ein ziemlich großer Apparat, der gleichzeitig drei Herren dienen muss - den Bürgermeistern von drei Gemeinden. Denn die Verwaltung ist nicht nur für Odelzhausen, sondern auch für die Nachbargemeinden Sulzemoos und Pfaffenhofen zuständig. Die Bürgermeister Gerhard Hainzinger (Sulzemoos), Helmut Zech (Pfaffenhofen) und Markus Trinkl (Odelzhausen) haben hier das Sagen. Der eine mehr, der andere weniger, beklagt zumindest der Odelzhausener Gemeindechef. Und hier fangen die Probleme an. Es kriselt in der Verwaltungsgemeinschaft.

Das Konstrukt ist eine Folge der Gebietsreform, die 1978 in Kraft trat. Benachbarte Kommunen wurden zusammengelegt, die Zahl der selbstständigen Gemeinden verringerte sich drastisch. Der Freistaat wollte mit der Reform Kosten sparen und gleichzeitig verhindern, dass kleinere Kommunen ihre Dienstleistungen reduzieren müssen. In vielen Orten leisteten die Bürger Widerstand. Ein Fall produzierte auch im Landkreis Dachau Schlagzeilen: "Freiheit für Tandern" forderten die Bewohner des streitbaren Dorfes im nördlichen Landkreis, die mit allen Mitteln eine Zwangsehe mit der Nachbargemeinde Hilgertshausen verhindern wollten. Im Zuge der Gebietsreform entstanden auch sogenannte Verwaltungsgemeinschaften. In diesem Zwangszusammenschluss, den auch Odelzhausen, Sulzemoos und Pfaffenhofen eingehen mussten, bleiben die Mitgliedsgemeinden mit eigenen Gemeinderäten politisch autark. Die Beschlüsse der Gremien setzt eine gemeinsame Verwaltung um. Verwaltungstechnische Dinge regelt die Gemeinschaftsversammlung. Dazu gehören alle Aufgaben, die der Staat einer Kommune überträgt.

Mehr als 900 Gemeinden in Bayern waren 1978 Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft. 300 Kommunen sind mittlerweile aus so einem Zwangszusammenschluss wieder ausgestiegen. Dass dies auch im Fall der Verwaltungsgemeinschaft Odelzhausen passiert, wünscht sich eigentlich keiner der Beteiligten. Auslöser für die Unstimmigkeiten war die Vorstandswahl der Verwaltungsgemeinschaft nach der Kommunalwahl im Frühjahr 2014. Zum Vorsitzenden wurde der Sulzemooser Bürgermeister Gerhard Hainzinger (CSU) gewählt, sein Stellvertreter wurde Pfaffenhofens Bürgermeister Helmut Zech, der ebenfalls der CSU angehört. Markus Trinkl, parteifreier Gemeindechef von Odelzhausen, sah bei der Vorstandswahl in die Röhre. Grund für Trinkls Wahlpleite ist die Sitzverteilung. Die richtet sich zum einen nach der Einwohnerzahl. Pro tausend Einwohner gibt es einen Sitz, zwei weitere Sitze erhalten der Bürgermeister und ein Gemeinderat. Mit 4742 Einwohnern hat Odelzhausen insgesamt sechs Stimmen in der Gemeinschaftsversammlung, Sulzemoos (2724 Einwohner) vier und Pfaffenhofen (1993 Einwohner) drei. Käme es bei einer Abstimmung zur Nagelprobe, könnte Odelzhausen den Kürzeren ziehen. "Die größte Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft darf bei der Sitzverteilung aber keine Nachteile haben", argumentiert Trinkl. Ihm gehe es um ein faires Verhältnis unter Partnern, aber kein Geschäftsmann beteilige sich an einem Projekt, an dem er "50 Prozent der Kosten übernimmt, aber nur 40 Prozent Mitspracherecht" habe. Denn die Verwaltungskosten werden auf die Gemeinden verteilt, die Umlage richtet sich nach der Einwohnerzahl. "Die Verwaltungsgemeinschaft könnte das auch anders regeln", sagt Michael Laumbacher, Abteilungsleiter der Kommunalaufsicht im Landratsamt, "aber dazu ist ein einstimmiger Beschluss nötig." Um die Grundlagen für die Sitzverteilung zu ändern, machte sich Odelzhausen für eine Petition an den Landtag stark. Doch der Antrag, dass die Verwaltungsgemeinschaft die Petition unterstützt, wurde von Sulzemoos und Pfaffenhofen abgeschmettert. Bürgermeister Zech warf seinem Kollegen Trinkl vor, sogar über einen Austritt aus der Verwaltungsgemeinschaft nachzudenken. "Wenn dieser Kurs so weiter geht, wird es zu einer größeren Auseinandersetzung kommen", sagt Zech. Der Landtag müsste einem Austritt zustimmen, was weitreichende Folgen für die Gemeinden hätte. Jede bräuchte wieder eine eigene Verwaltung.

Eine Petition scheint aber vorerst vom Tisch zu sein. "Das wäre der letzte Schritt gewesen", sagt Odelzhausens Bürgermeister. Trinkl geht es vor allem darum, seinen Einfluss auf die Verwaltung zu erhöhen und Mitarbeitern Anweisungen geben zu können. "Odelzhausen hat keine Weisungsbefugnis", kritisiert der Gemeindechef. Man müsse Grundlagen für eine bessere Zusammenarbeit schaffen. Landrat Stefan Löwl (CSU) bat die drei Bürgermeister zu einem Vermittlungsgespräch. Er regte Änderungen der Geschäftsordnung an, die Trinkls Stellung in der Verwaltungsgemeinschaft stärken könnten. Außerdem schlug der Landrat vor, einen zweiten Stellvertreterposten für Trinkl zu schaffen. "Ich hatte den Eindruck, dass der Wille da ist", schildert Löwl das Ergebnis der Unterredung. Wichtig sei vor allem auch, dass die Gemeinderäte Kompromisse eingingen.

Odelzhausens Bürgermeister lobt die Initiative des Landrats. Das Gespräch mit ihm und den Kollegen der Verwaltungsgemeinschaft sei sehr positiv und hilfreich gewesen. Trinkl zeigt sich überzeugt, dass der Posten eines zweiten Stellvertreters schnell geschaffen werden kann. "Wenn eine neue Geschäftsordnung die Stellung Odelzhausens in der Verwaltungsgemeinschaft stärkt, werden wir die Petition nicht weiter verfolgen."

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SZ vom 28.02.2015
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