Süddeutsche Zeitung

Ehemaliges KZ Dachau:Anhänger der "Nachtwölfe" besuchen Gedenkstätte

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Von Gregor Schiegl, Dachau

Am Tag nach dem 70. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers in Dachau herrscht auf dem Gelände der Gedenkstätte schon wieder Medienrummel. Zeitungen sind da, das Fernsehen, Presseagenturen - diesmal wegen der "Nachtwölfe". Die als ultranationalistisch geltende russische Motorradgang hat ihren Besuch in der Gedenkstätte angekündigt. Am 25. April sind die Rocker in Moskau gestartet, am 9. Mai wollen sie ihre Tour in Berlin abschließen. An diesem Tag begeht Russland den Tag des Sieges über Hitlerdeutschland.

Was die Polizei bei einer Überprüfung feststellte

Viele sehen in dieser Tour einen vom Kreml gesteuerten Propagandafeldzug. Polen verweigerte den Wölfen die Einreise, in Deutschland zog die Polizei am Montag eine Gruppe vermeintlicher Nachtwölfe aus dem Verkehr, um sie zu überprüfen. Es habe sich nur um Sympathisanten gehandelt, teilt die Polizei dann mit.

Am Mittag kommen in Dachau schwere Maschinen angeknattert, sie haben russische Fahnen aufgepflanzt. Für Kameras drehen sie Runden über den Parkplatz der Gedenkstätte. Aber auch das hier sind offenbar nicht die Nachtwölfe, sondern eher eine kurzfristig zusammengewürfelte Gruppe von Sympathisanten. Ob es diejenigen sind, die in der Polizeikontrolle waren, bleibt offen. Auch ein Pole ist darunter, der sagt, Biker hielten zusammen, wen interessiere da die Nationalität?

Wie der Anführer der Gruppe auftritt

Als Anführer der Gruppe tritt ein Mann auf, der sich Alexej nennt, 31 Jahre alt ist und aus Moskau kommt. "Wir wollen für den Frieden werben", erklärt er auf Russisch. Jedes Jahr mache ihre Gruppe diese Tour. "Nur in diesem wird alles so politisiert." Ob er ein Nachtwolf sei? "Jein", antwortet Alexej. Die Hintergründe des Schauspiels sollen offenbar vage bleiben.

Die Biker legen dann Blumen nieder, auch an der Gedenkstätte am SS-Schießplatz in Hebertshausen. Dort ermordete die SS mehr als 4000 sowjetische Kriegsgefangene. In der Kapelle der Gedenkstätte in Dachau feiern sie einen orthodoxen Gottesdienst. Dann posieren sie fürs Foto: Biker in Leder, auch ein Knirps in Uniform, hochdekoriert. Die ruhmreiche Rote Armee. "Das ist Russland", sagt einer.

Gedenkstättenleiterin Gabriele Hammermann schaut sich das Treiben mit saurer Miene an. "Das war nicht mit uns abgestimmt", sagt sie. Verhindern kann sie die Aktion nicht mehr. Nur die großen Fahnen müssen draußen bleiben. Hausordnung.

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SZ vom 05.05.2015
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