Süddeutsche Zeitung

Karlsfeld-West:Der Investor stellt sich quer

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Seit Jahren hoffen Bürger aus Karlsfeld-West auf einen Supermarkt in ihrer Nähe. Ein Gutachten bestätigt nun, dass es dort genügend potenzielle Kunden gäbe. Doch das wird die Einkaufssituation wohl nicht verbessern.

Von Anna Schwarz, Karlsfeld

Wieder hat sich eine Hoffnung der Senioren in Karlsfeld-West zerschlagen. Seit Jahren hoffen sie auf einen Einkaufsmarkt in der Nähe des Betreuten Wohnens im Prinzenpark. Doch auf dem Erl-Gelände geht nichts vorwärts, die Fronten zwischen Investor und Gemeinde sind verhärtet. Deshalb hat die CSU Karlsfeld einen Alternativstandort für den Supermarkt vorgeschlagen, zwischen dem Kastanienweg und dem geplanten Gymnasium an der Bayernwerkstraße. Doch in der jüngsten Gemeinderatssitzung teilte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) auf Nachfrage von Eckart Moj aus dem Publikum mit, dass auch dort kein Supermarkt entstehen werde. Er habe zwar bei einem Eigentümer angefragt, doch der wolle sein Grundstück nicht verkaufen - eine frustrierende Antwort, nicht nur für Eckart Moj.

Moj lebt im Betreuten Wohnen im Prinzenpark und kämpft schon seit Jahren für einen Supermarkt in der Nähe. Schließlich müssen die Bewohnerinnen und Bewohner, teils mit Rollstuhl oder Rollator, bislang jede Woche in einen vom Investor organisierten Bus steigen, um ihre Einkäufe zu erledigen. Bei der Gemeinderatssitzung hörte Moj gespannt zu, schließlich ging es dort auch um ein Gutachten, inwiefern die Planungsziele der Gemeinde im Prinzenpark nahe des Bahnhofs realisierbar sind. Analysiert wurde das von den Beratern Susanne André und Christoph Hübner von der Regionalentwicklungsgesellschaft "Cima". Und schon zu Beginn ihres Vortrags hatte Geographin Susanne André eine positive Nachricht: Ein kleinerer Vollsortimenter oder ein Discounter mit 800 bis 1000 Quadratmetern wäre "tragfähig umsetzbar".

Schließlich leben derzeit etwa 3500 Bürgerinnen und Bürger in Karlsfeld-West, denen ein Supermarkt in fußläufiger Entfernung fehlt, so André: "Zum Einkaufen müssen sie jedes Mal die Bahn überqueren." Zudem würde die Zahl der potenziellen Supermarkt-Kunden in den kommenden Jahren weiter steigen: Denn in der Nähe des Bahnhofs entsteht ein neues Gymnasium. Damit kommen Schülerinnen und Lehrer hinzu, die sich etwa in der Mittagspause oder nach der Schule versorgen wollen. Außerdem entstehen in der "Hirmerei" südlich des S-Bahnhofs Karlsfeld mehr als 200 Wohnungen.

Ihr Fazit: "Die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes am Standort ist realistisch und aus versorgungsstruktureller Sicht wünschenswert." Als Betreiber kämen Firmen wie Feneberg, Netto, Norma oder Penny infrage, sagte Susanne André. Zu ihnen habe sie auch schon Kontakt aufgenommen: "Und die würden den Standort alle machen", versicherte sie den Gemeinderäten.

Doch Finanzreferent Stefan Theil (CSU) blieb skeptisch und erklärte dazu: "Der Ball liegt nicht bei uns, sondern in Deggendorf" - und verwies dabei auf den Investor "Erl Immobilien AG". Dieser stelle sich seit langem quer und will laut Gemeinde auf dem Gelände mehr Wohnraum schaffen und eben keine Gewerbeflächen - welche die Gemeinde aber unbedingt benötige, damit die Gewerbesteuern endlich sprudeln.

"Ein Woanders für Gewerbeflächen gibt es in Karlsfeld nicht mehr."

Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) plädierte in der Sitzung dafür, den Wünschen des Investors nicht nachzugeben und es beim bisherigen Bebauungsplan mit den eingeplanten Gewerbeflächen zu belassen. Dafür bekam er Zustimmung, etwa von Anton Flügel (Freie Wähler) - "wir dürfen uns als Gemeinde nicht unterwerfen". Franz Trinkl (SPD) sagte: "Ein Woanders für Gewerbeflächen gibt es in Karlsfeld nicht mehr".

Einen Hoffnungsschimmer für einen Supermarkt gibt es indes nicht. Vor Kurzem habe er zwar mit dem Investor in Deggendorf telefoniert, so Bürgermeister Kolbe, auf Nachfrage teilt er jedoch mit: "Zu diesem Gespräch gibt es nichts Neues zu berichten." Auch der Investor will sich auf SZ-Anfrage nicht dazu äußern, ob er auf der Suche nach einem Supermarkt-Betreiber ist. Für die Senioren und Seniorinnen bedeutet das: Sie sind weiterhin auf den Einkaufsbus angewiesen.

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