Süddeutsche Zeitung

Karlsfeld:Probleme mit dem Image

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Auswärtige nehmen Karlsfeld als vierspurige Durchfahrtstraße wahr, Einheimische kritisieren die Ortsentwicklung an der Münchner Straße und in der Neuen Mitte. Jetzt möchte die Gemeinde einen Wandel herbeiführen.

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Gerne würde die Gemeinde Karlsfeld viele neue Gewerbebetriebe bei sich ansiedeln, um ihre schlechte Finanzlage wenigstens mittelfristig wieder etwas zu verbessern. Stattdessen kämpft Wirtschaftsförderer Peter Freis darum, die Firmen im Ort zu halten. Mangels Erweiterungsmöglichkeit haben bereits einige Betriebe Karlsfeld verlassen. Derzeit gebe es ein oder zwei Firmen, die ebenfalls schon die Absicht geäußert hätten, sich aus Karlsfeld zu verabschieden. "Wir müssen leider mit weiteren Abwanderungen rechnen", sagte Freis in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. "Selbst mit einer sofortigen Ausweisung eines Gewerbegebiets könnten wir hier nichts mehr ausrichten."

In der Gemeinde gibt es nach dem verlorenen Ratsbegehren von 2010 im Grünzug an der Schleißheimer Straße nun wieder Überlegungen für ein Gewerbegebiet, auch innerorts könnten in einem Mischgebiet nicht-störende Betriebe angesiedelt werden. Die von den Karlsfelder Bürgern in einem Workshop erhobene Forderung, erst einmal die vielen Leerstände in den bestehenden Gewerbegebieten zu füllen, ehe man neue Flächen ausweist, ist offenbar erfüllt: Nach Freis' Angaben waren vor zwei Jahren 92 Prozent der Flächen belegt, von den acht Prozent Leerständen entfielen zwei Prozent auf Büro- und sechs auf Lagerflächen. 2015 ist der Leerstand bei den Büros zwar nur minimal auf 1,9 Prozent zurückgegangen, aber bei den Lagerflächen sind nur mehr 0,4 Prozent frei. "Das Leerstandsmärchen ist damit widerlegt", sagte CSU-Gemeinderat Holger Linde. SPD-Fraktionssprecherin Hiltraud Schmidt-Kroll bedauerte, dass die Gemeinde so viel Zeit verloren habe, ein neues Gewerbegebiet zu entwickeln.

Nachfrage wäre reichlich vorhanden: Im vergangenen Jahr erreichten Freis nach eigenen Angaben etwa 75 Anfragen von Betrieben, die sich gerne in Karlsfeld ansiedeln wollten. Durch die Nähe zu München, die gute Autobahnanbindung, aber auch weiche Standortfaktoren wie naturnahe Erholungsgebiete ist Karlsfeld für viele Unternehmen attraktiv. Am Image der Gemeinde dürfte es dagegen nicht liegen: Peter Freis wagte die These, dass Karlsfeld gar kein Image habe. Auswärtige nähmen von der Gemeinde vor allem die vierspurige Durchgangsstraße wahr.

Bei den Karlsfeldern habe die Gemeinde auch kein Renommee. "Stolz auf unsere Heimatgemeinde sehe ich in Karlsfeld gar nicht", sagte Freis, der selbst alteingesessener Karlsfelder ist. Um Karlsfeld als positiv besetzte Marke zu etablieren, will er verstärkt ins Stadtmarketing einsteigen; er ermunterte die Gemeinderäte, ihn dabei zu unterstützen. SPD-Fraktionssprecherin Hiltraud Schmidt-Kroll regte auch eine Beteiligung der Bürger an.

Für Stefan Handl ist die Umgestaltung der Münchner Straße, die maßgeblich von seiner CSU-Fraktion vorangetrieben wird, ein wichtiger Beitrag für ein besseres Image der Gemeinde - gerade weil die Wahrnehmung Karlsfelds so stark von der Münchner Straße geprägt werde. "Wir müssen den Wandel aber auch in den Köpfen herstellen. Die Anzahl der Nörgler und Blockierer ist in unserer Bevölkerung leider recht hoch."

Wen er damit meinte, war offensichtlich: die Bürgerinitiativen, die immer wieder scharfe Kritik an der Ortsentwicklung genommen hatten, die Gegner der neuen Planungen zur Neuen Mitte, die Kritiker, die 2010 die Pläne für das neue Karlsfelder Gewerbegebiet zu Fall gebracht hatten - und nicht zuletzt die Bündnis-Fraktion, die sich stets auf die Seite der kritischen Bürger gestellt hat.

Deren Fraktionssprecherin Mechthild Hofner spielte den Ball zurück. "Wir wollen stolz sein auf unser Karlsfeld", sagte sie. "Das ja auch der Grund, warum in den vergangenen Jahren so hart gerungen wurde." Die Umgestaltung der Münchner Straße und die Neue Mitte sind in ihren Augen eben nicht ganz so gelungen.

Derweil hat der Wirtschaftsförderer bereits eine Vielzahl von Plänen für das kommende Jahr: So soll im April 2016 eine Karlsfelder Gewerbeschau gleichzeitig mit der "Nacht der Berufe" an der Mittelschule stattfinden. Freis will dabei auch die örtlichen Vereine einbinden, damit sie sich dort dem Publikum präsentieren können. "Es soll ein Event für alle Karlsfelder werden." Außerdem sollen die Infopoints fertiggestellt und mit bedruckten Folien beklebt werden. Bislang sind davon nur einige weiße Tafeln im Gemeindegebiet zu sehen.

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Quelle:
SZ vom 01.07.2015
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