Süddeutsche Zeitung

Karlsfeld:Das Ende des gelben Telefonhäuschens

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Die Tage der Telefonzellen in Karlsfeld sind gezählt. Die Telekom lässt die gelben Häuschen abbauen - weil niemand sie mehr nutzt.

Gregor Schiegl

Ilsa Oberbauer winkt ab. An den gelben Telefonhäuschen habe sie kein Interesse, sagt die Leiterin des Karlsfelder Heimatmuseums; das Museum platzt ja schon jetzt aus allen Nähten. Und dann noch eine alte gelbe Telefonzelle? Oder gleich zwei? Nein, danke. Die Telekom lässt noch in diesem Quartal zwei der letzten Telefonhäuschen in Karlsfeld abbauen: die Zellen auf dem Volksfestplatz an der Hochstraße und am Eingang des Gewerbegebiets an der Nobelstraße.

Damit verschwinden zwei Quadratmeter Karlsfelder Heimatgeschichte, betretbar über eine Einschwenktür. Und es verschwindet ein Ort der Erinnerungen, gefasst in einen honiggelben Glaskasten (RAL-Farbe 1005). Wie viele Karlsfelder Teenager haben sich hier schon reingequetscht , um - sicher vor den Ohren der Eltern - mit Freund oder Freundin zu turteln und zu schäkern?

Ilsa Oberbauer ist inzwischen 72 Jahre alt und sucht noch heute ab und an eine der Telefonzellen auf. Sie gehört zu jener schwindenden Minderheit, die kein Mobiltelefon besitzt. Deswegen findet sie es persönlich "ein bisschen schade", dass die Telefonhäuschen wegkommen, die in grauer Vorzeit noch so kuriose Bezeichnungen wie "Fernsprechkiosk" oder "Fernsprechpavillion" trugen.

"Die monatlichen Einnahmen müssen die Ausgaben für den Betrieb decken", erklärt Unternehmenssprecherin Cordelia Hiller. "Durch Reinigung, Instandhaltung, technische Wartung und Strom fallen bei öffentlichen Telefonen Kosten an, die durch die Nutzung refinanziert werden müssen." Der Umsatz an beiden Standorten tendiert aber "gegen Null".Die Gemeinde hat sich nicht gegen den Abbau gewehrt; sie hätte es tun können.

An Flughäfen und Bahnhöfen ist die Nachfrage nach öffentlichen Telefonen nach wie vor groß - und kurioserweise auch in einer Telefonzelle in Bad Tölz. "Dort haben wir Umsätze wie im Stadtgebiet München", sagt die Unternehmenssprecherin. Vielerorts rüstet die Telekom ihre Anlagen nun auf zu internetfähigen Multimediastationen. 1200 gibt es bundesweit schon. Aber noch keine im Landkreis.

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Quelle:
SZ vom 20.04.2011
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