Süddeutsche Zeitung

Hebertshausen:Feinpappenwerk stellt den Betrieb ein

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Für das insolvente Unternehmen Schuster Karton in Hebertshausen hat sich kein Investor gefunden. Ende August schließt das Werk

Von Robert Stocker und Moritz Köhler, Hebertshausen

- Das Unternehmen Schuster Karton in Hebertshausen steht vor dem endgültigen Aus. Das Amtsgericht München eröffnete am Dienstag das Insolvenzverfahren und bestellte Stephan Amman von der Pluta Rechtsanwalts GmbH zum Insolvenzverwalter. Dieser kündigte auf einer Betriebsversammlung noch am selben Tag an, dass die Feinpappenwerk Gebrüder Schuster GmbH & Co. KG ihren Betrieb bis zum 31. August 2016 einstellen wird. Das Unternehmen beschäftigt 115 Mitarbeiter, die sich jetzt einen neuen Job suchen müssen. Der Betriebsrat handelte für sie einen Sozialplan aus, der auch eine Abfindung vorsieht. Grund für die Schließung ist die schlechte Ertragslage, unter der das Unternehmen seit Jahren leidet.

Schuster Karton produziert auf dem Hebertshausener Betriebsgelände hochwertigen Karton aus Altpapier, der recycelt werden kann. Der Karton wird als Verpackungsmaterial für Lebensmittel, Textilien und Elektrogeräte verwendet. Der Wettbewerb in der Branche ist hart; das Unternehmen war offenbar nicht in der Lage, sich gegenüber größeren Konkurrenten auf dem Markt zu behaupten. "Viele Kunden sind deshalb abgesprungen", sagt ein Sprecher des Insolvenzverwalters. Das Unternehmen erwirtschaftete zu wenig Gewinn. Deshalb konnten keine neuen Produktionsmaschinen angeschafft werden. Im April musste Schuster Karton Insolvenz anmelden.

Die Pluta Rechtsanwalts GmbH versuchte als Insolvenzverwalter in den vergangenen Wochen, Investoren für das angeschlagene Unternehmen zu finden - erfolglos. "Es sind viele Gespräche gelaufen", sagt ein Sprecher des Insolvenzverwalters. "Aber am Schluss gab es keinen Käufer." Schuster Karton musste in den vergangenen Jahren sparen. Ein Investitionsstau war die Folge. "Ein Käufer hätte viel investieren und in den ersten Jahren mit Verlusten rechnen müssen", gibt der Sprecher zu bedenken. Die Pluta Rechtsanwalts GmbH will den Betrieb bis Ende August aufrecht erhalten. Bestehende Aufträge werden weiter bearbeitet, auch neue werden noch entgegengenommen, weil die Bearbeitungszeit im Schnitt nur zehn Tage beträgt.

Nach der Stilllegung des Betriebs wird die Insolvenzmasse verkauft und der Erlös an die Gläubiger ausgeschüttet. Wie der Sprecher weiter erklärt, kann das Insolvenzverfahren mehrere Jahre dauern. Nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden reagierten die Mitarbeiter auf der Betriebsversammlung eher gefasst.

"Es war klar, dass wir derzeit wenige Aufträge haben", sagt Werner Kraus, der bei Schuster Karton als Elektriker arbeitet und nebenamtlich als Betriebsratsvorsitzender fungiert. Wenn im Juni weiter gearbeitet werde, würden die Löhne weiter bezahlt, habe der Insolvenzverwalter angekündigt. Dann werde auch der Sozialplan eingehalten. Die meisten Mitarbeiter kommen aus dem Landkreis. Im Umkreis von 50 Kilometern gebe es kein ähnliches Unternehmen, sagt Kraus. "Wer weiter in der Branche bleiben will, muss weit zu seinem neuen Arbeitsplatz fahren." Kraus selbst wäre am 1. September 25 Jahre bei Schuster Karton beschäftigt gewesen. "Das ist meine erste Entlassung", sagt er.

Karin Weber, die Leiterin der Agentur für Arbeit in Freising, ist zuversichtlich, dass die Mitarbeiter von Schuster Karton auf dem Arbeitsmarkt in der Region verteilt werden können. Die Agentur für Arbeit in Freising ist auch für den Landkreis Dachau zuständig. "Derzeit können wir davon ausgehen, dass wir allen Arbeitnehmern der Firma Schuster einen neuen Job vermitteln können - ohne, dass sie umlernen müssen. Immerhin hat die Region den besten Arbeitsmarkt in Deutschland." Das gelte auch für die 70 Mitarbeiter, die in der Produktion des Unternehmens arbeiten. Sie sind auf einen Job in der papierverarbeitenden Branche angewiesen. Allerdings habe die Agentur für Arbeit die Lage noch nicht endgültig analysiert, gibt Weber zu. "Natürlich müssen wir uns zunächst mit jedem der Angestellten individuell befassen und die verschiedenen Profile bewerten. Ich denke aber, dass wir auch den Kräften aus der Produktion helfen können, einen akzeptablen neuen Arbeitsplatz zu finden." Weber rechnet damit, dass alle Angestellten einen Job im sogenannten Tagespendelbereich finden werden. Das bedeutet, dass der Arbeitsplatz innerhalb einer Stunde erreicht werden kann.

Die Agentur für Arbeit steht in Kontakt mit Schuster Karton. "Unsere Führungskräfte arbeiten eng mit dem Betriebsrat zusammen", erläutert Weber. Bei einem Treffen an diesem Donnerstag soll geklärt werden, wie lange die Angestellten noch ihren Lohn erhalten und ab wann sie einen neuen Job übernehmen können. "Dann werden wir genaueres wissen und uns auf die Situation einstellen", sagt Weber.

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SZ vom 02.06.2016
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