Süddeutsche Zeitung

Eröffnungsfeier in Indersdorf:Vorzeigeprojekt unter Dach und Fach

Lesezeit: 3 min

Nach 16-jähriger Planungs- und Bauphase ist das Maria-Gschwendter-Haus eingeweiht worden. Es vereinigt Wohnungen für arme Menschen mit einer Tagesstätte für psychisch Kranke und Tagungsräumen

Von Renate Zauscher, Markt Indersdorf

Es hat lange gedauert, letztlich aber doch zu einem guten Ende geführt: Nach fast vierzehnjähriger Vorbereitungs- und Planungsphase und zweijähriger Bauzeit ist am Freitag das Maria-Gschwendtner-Haus in Markt Indersdorf eingeweiht worden. 25 Sozialwohnungen sind in dem vierstöckigen Gebäude in unmittelbarer Bahnhofsnähe entstanden, außerdem ein Caritas-Zentrum mit zahlreichen Beratungsangeboten, Tagungs- und Veranstaltungsräumen sowie einer Tagesstätte für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Auch die Volkshochschule (VHS) Indersdorf zieht in einen Raum ein.

Im Mittelpunkt der Eröffnungsfeier des bereits im Juli bezogenen Hauses stand Brigitte Gschwendtner, die Nichte von Maria Gschwendtner, nach der das Haus benannt ist. Als sie beim Tod ihrer Tante 2002 deren Erbe antrat, entschied sie sich, einen wesentlichen Teil davon in eine Stiftung einzubringen, mit der an die Tante Maria und mit ihr an die früher große, sehr bekannte Indersdorfer Gast- und Landwirtsfamilie erinnert werden soll. In einer sehr persönlichen Rede erklärte Brigitte Gschwendtner die Motive, die sie bei der Einrichtung der Stiftung geleitet hatten. Ihre Tante habe kein einfaches Leben gehabt, sagte Brigitte Gschwendtner. Sie habe an psychischen Problemen gelitten. Die notwendigen Klinikaufenthalte seien insbesondere in der NS-Zeit mit großen Ängsten und Gefahren verbunden gewesen. Die Nazis drangsalierten sie aufgrund ihrer psychischen Erkrankung. Dabei war Maria Gschwendtner laut ihrer Nichte eine "resolute Person", voller Mutterwitz und Energie. Auch in ihrer unmittelbaren Familie habe sie erfahren "welches Leid psychische Krankheiten mit sich bringen", berichtete Brigitte Gschwendtner: Zwei ihrer Brüder hätten sich aus diesem Grund das Leben genommen.

Aus diesen Erfahrungen heraus hat die in Nürnberg lebende Stifterin entschieden, die Stiftung im Namen ihrer Tante mit einem Stiftungskapital von einer Million Euro ins Leben zu rufen - mit dem expliziten Ziel, etwas für Senioren einerseits und Menschen mit psychischer Erkrankung andererseits zu tun. Die Begünstigten der Stiftung sind die Marktgemeinde Indersdorf und die Caritas. Ausdrücklich hob Brigitte Gschwendtner in ihrer Rede die Rolle hervor, die der frühere Bürgermeister von Markt Indersdorf und Stiftungsvorstand, Josef Kreitmeir, gespielt hat. Er sei "der Motor" gewesen, der das Projekt entscheidend vorangebracht habe. Realisiert wurde es schließlich in Kooperation mit der Wohnbaugesellschaft im Landkreis Dachau: Zwanzig der 25 Sozialwohnungen im Haus wurden von ihr erstellt. Finanzielle Beiträge und Unterstützung kam auch von zahlreichen Zustiftern und öffentlichen wie privaten Spendern.

Welche Bedeutung das Maria-Gschwendtner-Haus für Gemeinde und Landkreis hat, wurde in den von der Kreisgeschäftsführerin der Caritas und Vorsitzenden des Stiftungsrats, Heidi Schaitl, moderierten Redebeiträgen der Gäste deutlich. "Was lange währt, wird endlich gut", sagte Bürgermeister Franz Obesser (CSU) bei der Begrüßung der Gäste und dankte dabei neben vielen anderen am Projekt Beteiligten vor allem der Architektin Heidi Lewald. Landrat Stefan Löwl (CSU) sprach von einem "Vorzeigeprojekt", dem gerade auch angesichts des gravierenden Mangels an bezahlbarem Wohnraum besondere Bedeutung zukomme. Den Aspekt der "Solidarität", der in Projekten wie diesem eine wichtige Rolle spiele, unterstrich Thomas Schwarz vom Caritasverband der Erzdiözese. Es zeige sich, "dass wir mit lokalen Netzwerken viel erreichen können."

Die wichtigsten "Netzwerker" kamen in einer Fragerunde zu Wort, die Irmi Haas, Mitglied des Stiftungsrats, leitete. Josef Kreitmeir drückte seine Freude darüber aus, dass es schließlich doch noch zu einer "Lösung" gekommen sei und sprach damit indirekt die vielen Schwierigkeiten bei der Realisierung des Projekts an. Es hatte Probleme bei der Aufstellung des Bebauungsplans für das ursprüngliche Bahngelände gegeben, das die Gemeinde zur Verfügung gestellt hatte, aber auch Anwohnerproteste gegen die Planung.

Schließlich trat der Caritas-Präses der Erzdiözese, Pfarrer Augustin Bauer, in Aktion und segnete, unterstützt von Diakon Raimund Richter, das Haus. Dass man in ihm dem "Fremdsein" alter und kranker Menschen in ihrer Umgebung begegnen will, zeigte zum Ende der Feier eindrücklich ein von zwei Tagesstättenbesuchern gesprochener Dialog von Karl Valentin. "Die Fremden" heißt das Stück, in dem die Abgrenzung gegen "das Fremde" und "die Fremden" ad absurdum geführt wird: ein guter Gedanke für ein Haus, in dem es kein Fremdsein geben soll.

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Quelle:
SZ vom 30.09.2019
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