Süddeutsche Zeitung

Amtsgericht Dachau:18-Jähriger soll Mädchen vergewaltigt haben

Lesezeit: 2 min

Die Staatsanwaltschaft wirft dem jungen Mann vor, eine 14-Jährige nahe der Neuen Mitte in Karlsfeld sexuell genötigt zu haben. Der Angeklagte bestreitet das. Ein Gutachten soll nun dabei helfen zu klären, ob das Mädchen die Wahrheit sagt.

Von Anna Schwarz, Dachau

Drei Stunden lang dauert die Jugendschöffensitzung, bei der das Gericht versucht herauszufinden, ob ein damals 18-jähriger Karlsfelder die 14-jährige Maria K. ( Name geändert) sexuell genötigt hat. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Vergewaltigung vor. Am Ende entscheidet Richter Christian Calame, dass ein zweiter Verhandlungstermin angesetzt wird, bei dem weitere Zeugen und eine Therapeutin aussagen sollen. Zudem soll ein Glaubwürdigkeitsgutachten der heute 16-Jährigen erstellt werden, die Anzeige erstattet hat.

Den Sitzungssaal betrat der mittlerweile 20-jährige Angeklagte mit seinem Verteidiger, einem Dolmetscher und zwei Verwandten. Er wirkt jünger, als er ist. Während der ganzen Verhandlung blieben seine Hände gefaltet, manchmal drückte er die Daumen aneinander. Die Staatsanwältin wirft ihm vor, das Mädchen im September 2021 gegen 18 Uhr hinter eine Lärmschutzwand nahe der Neuen Mitte in Karlsfeld gezogen zu haben, wo er sie zu sexuellen Handlungen gezwungen haben soll. Währenddessen habe das Mädchen immer wieder ihren Gegenwillen geäußert, verlas die Staatsanwältin. Zudem soll der Angeklagte das Mädchen betatscht haben. Über seinen Verteidiger teilte der Angeklagte mit, dass er die Tat bestreitet.

Die Aussage der 16-Jährigen wird per Video aufgezeichnet und den Prozessbeteiligten vorgespielt

Beim Aufeinandertreffen des Angeklagten mit seinem mutmaßlichen späteren Opfer in der Neuen Mitte seien außerdem zwei Freundinnen des Mädchens dabei gewesen: "Aber mein Mandant hat mit keinem der Mädchen etwas gehabt", sagte der Rechtsanwalt. Richter Calame spielte im Sitzungssaal eine Videovernehmung vor, in der die 16-Jährige etwa eine Dreiviertelstunde lang von einer Ermittlungsrichterin befragt wurde. Die Videovernehmung ist in Vergewaltigungsprozessen üblich, damit mögliche Sexualopfer ihrem Peiniger vor Gericht nicht gegenübertreten müssen.

In dem Video berichtete die Schülerin, dass sie und ihre zwei Freundinnen eine Gruppe junger Männer in der Neuen Mitte zufällig getroffen hatten, darunter sei auch der Angeklagte gewesen, den sie bislang nicht gekannt habe. Über die mutmaßliche Tat selber kann sie nur schwer sprechen: Er habe sie gegen die Lärmschutzwand gedrückt und zu sexuellen Handlungen gezwungen. "Er sprach nicht gut Deutsch", erinnerte sich die junge Frau. Sie soll sich später einer Lehrerin anvertraut haben.

Maria K.'s Freundin, die als Zeugin geladen war, sagte aus, dass Maria K. ihr von der sexuellen Nötigung berichtet habe. Auch sie sei schon einmal von dem Angeklagten zu sexuellen Handlungen gezwungen worden. "Ich glaube meiner Freundin, weil er das Gleiche mit mir gemacht hat", sagte sie vor Gericht.

Die Lehrerin von Maria K., der sich das Mädchen anvertraut hatte, sagte aus, dass die 16-Jährige in der Schule auffalle, weil sie auf dem Klo rauche und auch schon mal mit Wodka-Flasche und Zigarette auf dem Schulhof sitze. In einem Gespräch habe die Schülerin zudem einen Missbrauchsvorwurf gegen ein Familienmitglied geäußert. Richter Calame hakte nach, ob das Mädchen dazu neige, Geschichten zu erfinden, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Das verneinte die Lehrerin. Um zu rebellieren, rauche Maria K. auf dem Klo oder verstoße gegen andere Regeln.

Richter regt Glaubwürdigkeitsgutachten an

In den Zeugenstand wurden zudem eine Schulsozialpädagogin und eine Familienberaterin gerufen, denen Maria K. ebenfalls von der mutmaßlichen Tat erzählt hatte. Die Sozialpädagogin schätzte die 16-Jährige als sehr ruhiges, eher emotionsloses und "traumatisiertes Mädchen ein". Die Familienberaterin sagte, dass eine Psychiaterin bereits vor dem Abend in der Neuen Mitte bei Maria K. eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt habe, die von einem sexuellen Übergriff herrühren könnte.

Eine weitere Zeugin, die an dem besagten Abend dabei gewesen ist, konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht vernommen werden. Die Verteidigung regte an, an einem weiteren Prozesstag die Begleiter des Angeklagten als Zeugen zu laden und eine ehemalige Therapeutin der 16-Jährigen zu befragen. Darüber hinaus veranlasste der Vorsitzende Richter, ein Glaubwürdigkeitsgutachten der 16-Jährigen zu erstellen. Dafür wird ein Psychologe oder Psychiater beauftragt.

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