Süddeutsche Zeitung

Erinnerungskultur:Gedenken in Comicform

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Schüler des Josef-Effner-Gymnasiums haben beim Comicwettbewerb des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge den zweiten und dritten Platz gewonnen. Dafür wurden ihnen nun Urkunden überreicht.

Von Maximilian Kornprobst, Dachau

Der Comic "Die Vergessenen" erzählt auf wenigen Seiten die Geschichte von Georg Tauber, einem ehemaligen Insassen des KZ-Dachau. In handgezeichneten Bild- und Textfeldern wird hier die Zeit seiner Haft, sein vergeblicher Kampf um Anerkennung als Opfer und sein frühes Ende behandelt. Gezeichnet wurde der Comic von Schülerinnen und Schülern des Josef-Effner Gymnasiums (JEG) in Dachau. Dafür haben sie nun einen Preis gewonnen und bekamen am Donnerstagmorgen im Urkunden überreicht.

Im Rahmen ihres Praxis-Seminars Gedenkstättenpädagogik hatten Schülerinnen und Schüler eine aus vier Einzelcomics bestehende "Graphic Novel" über verschiedene Häftlingsschicksale im KZ-Dachau erstellt und diese dann beim Comic-Wettbewerb des Volksbunds für deutsche Kriegsgräberfürsorge eingereicht. Der Volksbund ist ein gemeinnütziger Verein, der sich nicht nur um deutsche Kriegsgräber kümmert, sondern sich auch in der Erinnerungskultur engagiert. Seit sechs Jahren richtet er dazu jährlich einen Comicwettbewerb zu Themen rund um die beiden Weltkriege aus.

Die Schüler berichten auch vom Leid schwuler KZ-Gefangener

Die Einsendungen des P-Seminars vom JEG haben nun den zweiten und dritten Platz belegt. Der zweite Platz ging an den Comic "die Vergessenen", der sich mit dem Schicksal der Häftlingsgruppe der "Asozialen" beschäftigt. Der dritte Platz ging an den Comic "Homosexuelle", der von dem Leid schwuler Häftlinge berichtet.

Für ihren Beitrag zum Gedenken an diese Opfergruppen dankte ihnen am Donnerstagmorgen der Bildungsreferent für Bayern des Volksbunds, Maximilian Fügen, explizit, als er die Urkunden übergab. Er hob vor allem den aktuellen Bezug der Arbeit der Schülerinnen und Schüler hervor. Diese hatten in ihren Comics nicht nur von dem Geschehen im KZ-Dachau berichtet, sondern sich auch mit der späteren Erinnerungskultur in der Bundesrepublik beschäftigt. Sie griffen unter anderem auf, wie lange es dauerte, bis die Häftlingsgruppe der Homosexuellen offiziell von Bundestag als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt wurde. Das geschah erst 2002, also fast 60 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Der Paragraf 175 StgB, der Homosexualität unter Strafe stellte, wurde erst 1994 endgültig gestrichen.

Die Häftlingsgruppe der "Asozialen", zu denen neben Kleinkriminellen unter anderem auch Sinti und Roma zählten, mussten sogar noch länger auf Anerkennung warten. Erst im Februar 2020 erkannte der Bundestag auch diese Häftlingsgruppe offiziell als Opfer des Nationalsozialismus an.

Die Konzentration auf weniger bekannte Opfergruppen war laut Christian Stähler, dem Lehrer, der das Seminar betreute, genau so beabsichtigt. "Wir wollten einfach auch einmal diejenigen zeigen, die vielleicht nicht so im Fokus stehen, wenn man an Opfer des Nationalsozialismus denkt", sagte Stähler, "und zusammen mit der KZ-Gedenkstätte Dachau ist uns dann die Idee gekommen, das Ganze in Form einer Graphic Novel zu machen."

Am Anfang standen Workshops mit einem Comickünstler

Um erst einmal zu verstehen, wie man so etwas macht, nahmen die Schülerinnen und Schüler dann zunächst an zwei Workshops mit dem Münchner Comickünstler Domenik Wendland teil, in denen sie die Grundlagen des Comiczeichnens erlernten. Bei ihrer Recherche wurden sie zudem vom NS-Dokumentationszentrum in München und der KZ Gedenkstätte in Dachau unterstützt.

Insgesamt vier Comics zeichneten die Schüler in Kleingruppen, die daraufhin in der Graphic Novel gesammelt und eingereicht wurden. Die Auszeichnung zeigt, dass die Schüler damit einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur zu den Verbrechen des Nationalsozialismus geleistet haben. Dafür erhielten sie neben ihren Urkunden auch noch kleine Geldpreise: Die Gewinner des dritten Platzes erhielten je 25 Euro, die Zweitplatzierten sogar je 50 Euro.

Die Graphic Novel kann man sich auf der Homepage des JEG anschauen und herunterladen.

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