Süddeutsche Zeitung

Dachau:Die Chance zum Dialog verspielt

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Die Bürgerinitiative "Raum für Kinder" setzte von Anfang an auf Konfrontation. Das hat sich beim Bürgerentscheid am Sonntag gerächt.

Helmut Zeller

Auch wenn dieser Bürgerentscheid, der dritte in der Geschichte der Stadt Dachau, gescheitert ist: Die plebiszitäre Beteiligung an der Politik bleibt ein sinnvolles Instrument. Ein Plebiszit ist zwar nicht per se gut. Denn Mehrheit ist noch kein Garant für Richtigkeit oder gar Wahrheit. Aber Bürger- und Volksentscheid können als Korrektiv der Politik notwendig sein, wenn sie Ausdruck einer kollektiven Verantwortung für das Gemeinwesen sind. Im aktuellen Fall muss man das bezweifeln, und das hat die Mehrheit der Dachauer Bürger auch getan. Deshalb - und nicht etwa allein wegen des sonnigen Wetters - erreichte die Bürgerinitiative nicht einmal das Quorum von 20 Prozent. Den Eltern ist es nicht gelungen, mit ihrer Kritik eine grundsätzliche Diskussion über die Qualität von Betreuungseinrichtungen in der Stadt anzustoßen.

Ganz anders die Kohlestrom-Gegner, die 2010 den Ausstieg der Stadtwerke aus Kraftwerksbeteiligungen erzwangen - weil sie eben für das Gemeinwesen argumentierten. Es hätte ein Bürgerentscheid über die richtige Bauweise eines Kindergartens werden können - darüber und über den Mangel an Krippen, Kindergärten und Horten ließe sich durchaus viel streiten. Aber die Initiative erschien doch auf ein eher privates Interesse an Mariä Himmelfahrt fixiert zu sein - und darauf, es denen da oben einmal zeigen zu wollen. Da wurde etwa der Stadt vorgeworfen, mit falschen Zahlen zu operieren. Aber selbst nahm man es auch nicht so genau; und vor allem wurde das Konzept der Initiative nie wirklich klar. Die Beteiligten hätten intensiver auf Dialog statt Konfrontation setzen sollen, doch die Fronten waren rasch verhärtet - durch Auftritte auf beiden Seiten. Das gestrige Ergebnis freut den Stadtrat - dieser Bürgerentscheid bekräftigt aber auch den Argwohn mancher Kommunalpolitiker gegen die Bürgerbeteiligung.

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Quelle:
SZ vom 19.03.2012
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