Süddeutsche Zeitung

Amtsgericht Dachau:Dachauer zwingt Mädchen, Nacktfotos zu schicken

Lesezeit: 2 min

Ein 22-jähriger Dachauer muss sich vor dem Amtsgericht wegen zweifacher Nötigung verantworten. Er hat zwei jugendlichen Mädchen in Handychats massiv gedroht.

Von Anna Schwarz, Dachau

Hassnachrichten, die missbräuchliche Verbreitung von Bildern, Stalking - all das fällt unter den Begriff Cybermobbing und bestimmt heutzutage das Leben vieler Kinder und Jugendlicher. Am Montag musste sich ein 22-jähriger Dachauer wegen zweifacher Nötigung in Internetchats vor dem Amtsgericht Dachau verantworten. Er hatte zwei Mädchen gezwungen, ihm Nacktfotos zu schicken. Daraufhin erstatteten beide Anzeige bei der Polizei.

Auf der Anklagebank schaute der Mann mit den geröteten Backen meistens auf den Boden, seine Winterjacke zog er während der Verhandlung nicht aus und antwortete nur mit leiser Stimme auf die Fragen des Gerichts. Staatsanwalt David Giercke warf dem Dachauer vor, dass er vor rund zwei Jahren einem 17-jährigen und einem 19-jährigen Mädchen aus Paderborn und Cloppenburg massiv gedroht habe. Zunächst habe er mit ihnen über den Messengerdienst Snapchat gechattet, dann über WhatsApp. Sein Vorgehen sei in beiden Fällen dasselbe gewesen: Erst führte er mit den Mädchen ein Videotelefonat, in dem sie nur Unterwäsche trugen. Danach habe der Angeklagte, so Giercke, seine Chatpartnerinnen dazu gezwungen, Nacktfotos von sich zu schicken - andernfalls würde er die Screenshots aus dem Videotelefonat von den jungen Frauen in Unterwäsche weiterverschicken, habe der 22-Jährige gedroht, so der Staatsanwalt.

"Es ist trotzdem schlimm, was ich gemacht habe", sagte der Angeklagte

Die Vorwürfe stimmten so, gestand der Angeklagte vor Gericht. Zwar könne er sich nicht mehr genau an die Chats erinnern: "Aber es ist trotzdem schlimm, was ich gemacht habe." Wie er die beiden Mädchen kennengelernt habe, wisse er nicht mehr, sagte er bei der Verhandlung. Nachdem sie ihn angezeigt hatten, durchsuchte die Polizei sein Elternhaus in Dachau und stellte einen Laptop, USB-Stick und das Tatmittel - sein Handy - sicher. Auf den anderen Geräten seien keine verdächtigen Chats gefunden worden, so Richterin Cornelia Handl. Sie fragte den Angeklagten, ob er bei den Videotelefonaten Screenshots von den Mädchen in Unterwäsche gemacht und weiterverschickt habe. Das verneinte er mehrmals.

Derzeit studiert der 22-Jährige Betriebswirtschaftslehre - nachdem er sein Jurastudium nach drei Semestern abgebrochen hat. Eine Woche vor der Gerichtsverhandlung habe er noch zwei Entschuldigungsbriefe an die beiden Opfer verschickt, wie Handl im Gerichtssaal vorlas. Darin schrieb er, dass er bereue, was er getan habe und dass er damals psychisch nicht in guter Verfassung gewesen sei.

"Das ist der Beweis dafür, was im Internet für ein Scheiß betrieben werden kann."

Zum Tatzeitpunkt war der Angeklagte erst 20 Jahre alt, deshalb plädierte der Vertreter der Jugendgerichtshilfe Karl Hartman dafür, Jugendstrafrecht anzuwenden. Davon ließ sich Staatsanwalt Giercke überzeugen und sagte, dass er dem Angeklagten seine Läuterung abnehme. Zu seinen Lasten spreche eine Eintragung im Bundeszentralregister, ein Diebstahl-Delikt von 2018, das aber nichts mit der Anklage zu tun habe. Der Staatsanwalt betonte, dass die Androhungen des Dachauers für die Opfer psychisch sehr belastend gewesen seien, schließlich könnten sich Bilder im Internet schnell verselbstständigen. Der Staatsanwalt drückte es drastisch aus: "Das ist der Beweis dafür, was für ein Scheiß im Internet betrieben werden kann." Er forderte, dass der Angeklagte 32 Sozialstunden ableisten und die Kosten des Verfahrens tragen muss.

Bei ihrer Urteilsverkündigung hielt Richterin Handl dem 22-Jährigen zugute, dass er sich bei den beiden Mädchen entschuldigt habe, "besser spät als nie". Dennoch sei die zweifache Nötigung des Dachauers "schon eine üble Sache", so Handl, denn: "Fotos im Internet wieder einzufangen, ist schier unmöglich." Zudem seien seine Opfer noch relativ jung gewesen, hatten aber wie die Richterin lobte, "den Mumm, zur Polizei zu gehen". Als Strafe verhängte sie die geforderten 32 Sozialstunden. Außerdem muss der angeklagte Student, der 800 Euro Bafög im Monat bekommt, die Verfahrenskosten bis 500 Euro tragen.

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