Süddeutsche Zeitung

Klettersport:Auf Standortsuche für den Boulderblock

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Der vom "Kraxlkollektiv" aufgestellte Block muss von der Theresienwiese weichen. Doch um den neuen Standort des "Dicken Hans" wird heftig gerungen.

Von Julian Raff

Fast so sehr wie die Kletterer mit der Schwerkraft ringen die Lokalpolitiker im Untergiesinger Bezirksausschuss (BA) um den Standort des beliebten Boulderblocks "Dicker Hans", der nur noch bis zum Frühjahr auf der Theresienwiese bleiben kann. Im vergangenen Sommer wurde er dort vom "Kraxlkollektiv" aufgestellt, eine vom Deutschen Alpenverein (DAV) unterstützte Gruppe von Münchner Kletterern, die überall im Stadtgebiet kostenlose, frei zugängliche Wände aufgebaut hat und auch noch weitere plant.

Unter der Candidbrücke könnte die Luft zu stickig sein

Ein Auge geworfen hatten die Ehrenamtlichen um den jungen Architekten Maximilian Gemsjäger zunächst auf den Parkplatz unter der Brücke des Mittleren Rings am Candidplatz. Die Candidbrücke bietet Schutz vor der Witterung, außerdem könnte sich das Team des benachbarten Jugendtreffs "Akku" um die Instandhaltung des Kletterblocks kümmern. Anders sieht dies im BA Melanie Kieweg, die für ihre Kunstaktionen am Hans-Mielich- und Kolumbusplatz ("Halt 58") bekannte Stadtteilaktivistin, die sich dafür einsetzt, den "Dicken Hans" weiter nördlich an der Pilgersheimer Straße aufzustellen, nicht weit entfernt vom "Gans woanders" beziehungsweise "Hexenhäusl", das seit der Eröffnung im Sommer 2020 Gäste an- und Blicke auf sich zieht.

Den Standort unter der Candidbrücke halten Kieweg und einige BA-Mitglieder für ungeeignet - wegen stickiger, von Abgasen belasteter Luft, aber auch, weil sich hier Drogenklientel herumtreibe. Zudem würden mindestens sechs Kfz-Stellplätze wegfallen, was umso schwerer wiege, als der Parkplatz unter der Brücke im weiten Umkreis die letzten Gratisparkplätze für Pendler bietet. Die Bahn-brücke an der Pilgersheimer Straße würde nach Kiewegs Überzeugung gleichwertigen Wetterschutz bieten. Von der grün-roten Mehrheit im BA befürchtete Verwaltungshürden bei der Bahn könne sie rasch überwinden, verspricht Kieweg, die in der Tat schon bei ihren früheren Aktionen einen kurzen Draht zu den dortigen Verantwortlichen aufgebaut hat.

Die Januar-Sitzung im Bezirksausschuss endete in einem Eklat

Bei einem Ortstermin Anfang Januar traf der BA dennoch eine Vorentscheidung für den Candidplatz, wenn auch keine wirklich aussagekräftige, da, wie auch Grünen-Vertreter einräumen, bei der Einladung nicht alle Fraktionen korrekt informiert wurden. Klarheit sollte eigentlich die Januar-Sitzung des BA bringen, diese endete allerdings beim letzten Punkt, eben dem "Dicken Hans", im Konflikt zwischen Kieweg und ihren Kollegen. Aus Protest gegen die von ihr als unfair empfundene Diskussionsführung verließ Kieweg den Raum. Das coronabedingt verkleinerte Plenum war somit beschlussunfähig.

Da der Nutzungsvertrag für die Theresienwiese am 31. März ausläuft, muss in der kommenden Sitzung am 15. Februar die Entscheidung fallen. Das Kraxlkollektiv hat unterdessen beim zuständigen BA Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt beantragt, den Block unter den nördlichen Bögen der Hackerbrücke aufstellen zu dürfen - nicht um den uneinigen Untergiesingern die kalte Schulter zu zeigen, wie Gemsjäger betont, sondern um einen Standort prüfen zu lassen, den man gegebenenfalls auch mit einem weiteren Boulderblock bespielen könnte. Erste Standortwahl für den "Dicken Hans" bleibt aus Betreibersicht jedenfalls die Candidbrücke, wo die "Akku"-Betreuer einen sicheren und sauberen Boulderspaß gewährleisten könnten.

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