Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Untergiesing-Harlaching:Ein letzter Wachstumsschub

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Am südlichen Stadtrand hoffen die Politiker, dass mit Bezug des Osram-Geländes auch der Candidplatz aufgewertet wird

Von Julian Raff, Untergiesing/Harlaching

In einem Punkt wird sich die Agenda des Bezirksausschusses (BA) nach der Wahl im März von anderen Münchner Randbezirken unterscheiden: Während sich reihum Industriebrachen in Wohnquartiere verwandeln, ist im Bezirk Untergiesing-Harlaching mit der alten Osram-Zentrale am Mittleren Ring die letzte große Freifläche überplant worden. Städtebauliche Gestaltungsdiskussionen und Bürgerworkshops stehen also für die Amtsperiode bis 2026 zunächst nicht an, stattdessen aber die Frage, wie sich ab 2020/21 der Bezug von 370 neuen Wohnungen auf die Umgebung auswirkt.

Mittelfristig könnten die Neubauten der Aufwertung des Candidplatzes einen Schub liefern, einem alten Wunschprojekt des BA. Die Fläche wird teils durch Parkplätze belegt, teils durch den Leichtbau des St-Franziskus-Kindergartens sowie einem Jugendsportplatz. Das städtische Planungsreferat könnte sich ein Ladenzentrum mit öffentlichen Einrichtungen vorstellen; ein 2018 angekündigter Planerwettbewerb steht aber noch immer aus. An der Position des BA dürfte sich nach der Wahl wenig ändern: Quer durch die Fraktionen hat das Gremium sich dafür ausgesprochen, hier ein Bürgerhaus für den Bezirk zu bauen.

Der Bezirksausschuss fordert dies auch in eigener Sache: Das Tagungslokal "Gartenstadt" mag eine aus der Zeit gefallene Gemütlichkeit bieten, aber sicher keine professionelle Arbeitsatmosphäre. Wenn es bisweilen hoch hergeht, dann nicht nur wegen der versammelten Temperamente. Ein Bürgerhaus mit Saal käme natürlich auch dem, abseits des Hans-Mielich-Platzes, überschaubaren Kulturleben im Bezirk zugute. Aus der Bürgerversammlung kam unterdessen die Idee, ein Bürgerzentrum auf dem teils ungenutzten Areal des Abfallwirtschaftsbetriebs an der Sachsenstraße anzusiedeln.

Auch ohne nennenswertes Wachstum bleibt neue Wohnbebauung im Stadtbezirk ein Thema. Die Verdichtung der Gartenstadt Harlaching und der Grünschwund schreiten voran, wobei der BA oft nur zusehen kann, wie die Stadtverwaltung vollendete Tatsachen schafft - oder das Verwaltungsgericht, wie vor knapp einem Jahr am Schmorellplatz. Immerhin will die Stadt die Entwicklung in diesem Teil Harlachings per Rahmenplan steuern, auch wenn der BA diesem neuen, eher weichen Instrument nicht allzu viel zutraut.

Kaum Einfluss haben die Stadtteilvertreter auch beim derzeit wichtigsten öffentlichen Projekt, dem Umbau des Klinikums Harlaching. Allerdings ist es nicht zuletzt dem Drängen der Lokalpolitiker zu verdanken, dass Schul- und Planungsreferat den Erweiterungsbedarf an der Rotbuchen-Schule anerkennen und einen Bau auf dem Klinikparkplatz planen. Die dreizügige Schul-Filiale soll frühestens 2024 in Betrieb gehen. Um sich noch in der anstehenden Amtsperiode einen Erfolg auf die Fahnen schreiben zu können, müssen die Stadtteilpolitiker das Projekt also im Auge behalten und Ideen beisteuern, ohne zu bremsen. Unklar ist zum Beispiel, wohin während der Bauphase die notorisch überfüllten Klinik-Parkplätze ausgelagert werden können.

Ein Aufreger auf Wiedervorlage, mit möglicher Umsetzung bis 2026, bleibt das im BA knapp befürwortete Zoo-Parkhaus in Siebenbrunn. Ob mit oder ohne Parkhaus, der steile, kurvige Harlachinger Berg wird als natürliche Barriere zwischen Harlaching und Untergiesing weiterhin für Staus sorgen; mit weiteren exotischen Lösungsvorschläge ist zu rechnen, auf dem Tisch liegen bereits eine Standseilbahn oder ein Aufzugturm am Isarhang. Dass die schroffe Geländestufe den gesamten Bezirk in Nord-Süd-Richtung durchschneidet, hat für Anwohner und Naturschützer aber auch seine Reize: Der Steilhang bildet seit jeher ein Bollwerk gegen Erschließung und Übernutzung. Dennoch würden die meisten Harlachinger gerne zumindest einen Teil der Hangwege restauriert sehen, die, seit zehn Jahren aus Haftungsgründen gesperrt, dem Verfall preisgegeben sind. Der BA wird wohl weiterhin versuchen, das als "Park" gewidmete Gebiet zur Waldfläche erklären zu lassen, so dass die Wege hergerichtet und auf eigene Gefahr zugänglich gemacht werden können.

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SZ vom 31.01.2020
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