Süddeutsche Zeitung

Wohnen in München:Wie es mit dem ehemaligen Paulaner-Gelände weitergeht

Lesezeit: 2 min

Von Julian Raff, Au

Sieben bis acht Jahre Bauzeit, von 2016 an gerechnet - so lautet die Prognose der Bayerischen Hausbau fürs ehemalige Paulanergelände. Der Aushub der Baugrube an der Welfenstraße soll im kommenden Frühjahr beginnen, etwa 2022 dürfte das Neubaugebiet für etwa 3000 Bewohner fertig sein. Vor rund 100 Zuhörern stellte Hausbau-Geschäftsführer Jürgen Büllesbach den Zeitplan vor. Falls der Stadtrat den Bebauungsplan bis zum Jahresende als Satzung beschließt, könnte der mit 4,1 Hektar Geschossfläche mittelgroße Komplex zwischen Welfenstraße und Bahngleis 2019 als erster Bauabschnitt bezogen werden.

Weiter westlich, unterhalb des Isarhangs, müssen vor Baubeginn erst noch die Produktionsanlagen abgebrochen werden, mit Ausnahme des denkmalgeschützten Eiswerks. Der komplizierte Abriss hat zwar bereits im vergangenen Jahr begonnen, dürfte sich aber noch bis ins Jahr 2017 hinein ziehen. Fertig werden soll der kleinste, 2,2 Hektar Geschossfläche umfassende Abschnitt dann 2020.

Welche Rolle die Stadt dabei spielt

Auf dem größten Teilstück, den bisherigen Logistikflächen an der Regerstraße, wird sich der Abbruch bis 2018 hinziehen. Beziehbar werden 8,3 Hektar Geschossfläche dann nach vier-bis fünfjähriger Bauphase. Speziell in diesem Abschnitt hängt laut Büllesbach nun vieles von politischen Entscheidungen im Rathaus ab: Die Stadt plant, unabhängig vom bindenden, 30-prozentigen Sozialwohnungs-Kontingent, den Ankauf zahlreicher Wohnungen, eventuell auch zweier kompletter Blöcke.

Selbstverständlich müsse vor dem Kaufvertrag das "finale Baurecht" stehen, erklärte Büllesbach. Das Geschäft komme also frühestens 2016 zustande. Die Regelung, im Rahmen der "sozial gerechten Bodennutzung" einen bestimmten Prozentsatz geförderter Wohnungen bereitzustellen, wird auf die gesamte Neubaufläche von 148 000 Quadratmeter Geschossfläche angewandt. Rund zwei Drittel der geförderten Wohnungen sollen nach dem Prinzip der einkommensorientierten Förderung vergeben werden, ein Drittel nach dem München-Modell.

Wie die Anwohner zu dem Projekt stehen

Vor weiterer Gentrifizierung sehen die Anwohner ihr Viertel damit nicht gerettet. Sie zeigten sich beunruhigt darüber, dass die Hausbau auf gleichem Grund aktuell nur rund 1400 Wohnungen vorsieht, statt der zwischenzeitlich genannten 1600 bis 1800. Keine Verknappungsstrategie, beteuerte Büllesbach: Das geplante Angebot reiche weiterhin von einem bis zu fünf Zimmern, und über den Quadratmeterpreis entscheide in erster Linie der bei Fertigstellung herrschende Markt und weniger die Zahl der Wohneinheiten.

Keinesfalls folgenlos bleibt diese für die Planung von Schul- und Betreuungskapazitäten. Unter Büllesbachs verhaltenem Protest verteidigte Andreas Uhmann, Baudirektor im Planungsreferat, die Annahme von 1500 Wohnungen als realistische Planungsgrundlage, auch wenn die Hausbau weniger plane. Am Ende blieben jedoch Zweifel daran, dass - übers Gebiet verteilt - zwölf Krippen- und zehn Kindergartengruppen sowie eine dreizügige Grundschule an der Hochstraße am Ende reichen werden. Außerdem werden Bildungs- und Freizeiteinrichtungen für Jugendliche benötigt, wie ein Anwohner bemerkte: "Die Lebenserfahrung zeigt, dass Kinder älter werden."

Was das für den Verkehr bedeutet

Dicht hinter den sozialen Fragen folgte auf der nachbarlichen Prioritätenliste der Verkehr: Die enge Bahnüberführung am Beginn der Regerstraße etwa bleibt ein Nadelöhr im Viertel. "Das gibt zu 100 Prozent Ärger", warnte ein Anwohner, musste sich aber vorrechnen lassen, dass die prognostizierte Verkehrszunahme nur leicht über dem Stadttrend liegt. Dafür fällt die tägliche Paulaner-Lieferkolonne mit ihren 40-Tonnern weg. Vor allem für Radler sei dies ein schwacher Trost, wie Uhmann einräumte. Die Stadt könne aber die Hausbau nicht für eine Verbreiterung der Brücke in die Pflicht nehmen.

In vielen ästhetischen Fragen ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Das bleibt einem "Gestaltungsbeirat" überlassen. Vertreter von Stadt, Bezirksausschuss, Bauherren und Wettbewerbsjury sollen dort die unterschiedlichen Architekten auf eine Linie bringen und dabei einen Einheitslook vermeiden. Anregungen lieferte schon einmal ein Nachbar aus der Welfenstraße, der mehr Mut zur Farbe forderte und genüsslich die "niederschmetternde" Grauton-Vielfalt der "Welfenhöfe" schilderte. Man werde sich nicht am östlichen Negativbeispiel orientieren, sondern eher das kräftige Rot des nördlich gegenüber liegenden Blocks aufgreifen, versprach Uhmann.

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SZ vom 19.09.2015
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