Süddeutsche Zeitung

Freizeit:Nonnen verhindern durchgehenden Fußweg am Auer Mühlbach

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Um das Ufer des Stadtbachs komplett begehbar zu machen, müssten die Armen Schulschwestern einer Öffnung des Klosterareals zustimmen. Doch der Orden fürchtet um seinen Erholungsraum.

Von Thomas Kronewiter, Au

Zugeschüttet, verrohrt, in enge Kanalbetten gezwängt, unter Betondeckel vergraben - was frühere Stadtplaner und Politiker mit den Münchner Stadtbächen angestellt haben, ist ein wahres Trauerspiel. Erst im Zuge der Umweltbewegung der vergangenen Jahrzehnte haben Verantwortliche versucht, das vermeintlich unwiederbringlich Verlorene zurückzuholen.

Im Falle des Auer Mühlbachs gilt dies als Erfolg, stellenweise ist das Gewässer, das sich unterhalb des Gasteig-Bergs, der Hochstraße und des Nockherbergs durch die Au, Haidhausen und Untergiesing schlängelt, seit der Entfernung von Betondecken nach dem Jahr 2000 wieder für Fußgänger und Radler hautnah erlebbar. Auf Höhe des Mariahilfplatzes ist diese Durchlässigkeit allerdings unterbrochen, denn dort befindet sich das Kloster der Armen Schulschwestern.

Ein Steg, der "über dem Wasser schwebt"

Auf Initiative der Grünen im Bezirksausschuss Au-Haidhausen stand nun die Öffnung des Geländes zu Gunsten eines durchgehenden, den Mühlbach begleitenden Fußweges auf der Agenda der Stadtteilpolitiker. Da es die Schulschwestern schon früher immer abgelehnt hatten, ihr Areal zu öffnen, hatten sich die Fraktionsmitglieder Lydia Dietrich, Susanne Zauner, Kerstin Dehne und Manfred Bahlmann im Falle der Verweigerung sogar einen "über dem Wasser schwebenden Steg" ausgedacht, der - an beiden Uferseiten befestigt - dann vor dem Schwestern-Grundstück vorbeiführen würde.

Warum sich der Vorstoß schon auf Ebene der Stadtviertelpolitik nicht durchsetzte, lag zum einen an technischen Fragen. So sah Andreas Micksch (CSU) Probleme im Hinblick auf einen schon bestehenden Steg. Quer durch das Gremium gab es zudem Unbehagen, das Naturerlebnis durch eine das Wasser abdeckende Brückenkonstruktion wieder zunichte zu machen. Laut der Bezirksausschuss-Vorsitzenden Adelheid Dietz-Will (SPD) wäre mit der Öffnung des Schwestern-Grundstücks nicht viel gewonnen. Schließlich gebe es im Verlauf des Mühlbachs weitere Hindernisse.

Angst um Raum zum Spielen und Erholen

Vor allem aber konnten sich die Lokalpolitiker gut die Sichtweise der Armen Schulschwestern zu eigen machen, die nach wie vor nicht gewillt sind, einen Teil ihres Areals abzutreten. Schwester Charlotte Oerthel, die Provinzoberin, und Schwester Salome Strasser, die Hausoberin, sehen die Öffnung in einem gemeinsam unterzeichneten Brief als einen "gravierenden Eingriff" und eine "nicht hinnehmbare Störung der Funktion des Freiraums".

Die Oberinnen verweisen auf die derzeit 50 Kinder im Kindergarten, die 68 Schülerinnen der Berufsfachschule für Ernährung und Versorgung, die 138 Studierenden der Fachakademie für Sozialpädagogik, die 580 Schülerinnen der Theresia-Gerhardinger-Mädchenrealschule, außerdem 90 Lehrkräfte, Mitarbeiter und Angestellte. "Es ist unsere Verantwortung, dass für die Kinder, für die zahlreichen Schülerinnen und für die Studierenden der beiden beruflichen Schulen eine genügend große Fläche zum Spielen, für Bewegung und für Pausen da ist, und ebenso für die Schwestern unserer Gemeinschaft die Möglichkeit zur Erholung erhalten bleibt."

Arme Schulschwestern lehnen Öffnung strikt ab

So wohnen derzeit 34 Schwestern der Ordensgemeinschaft in dem Kloster, für die das Gelände ein "notwendiger und viel genutzter Ort der Erholung" sei. Im Falle eines Feueralarms sei der Garten zudem auf Veranlassung der städtischen Branddirektion als Sammelplatz ausgewiesen. Das wohl wichtigste Argument, den Park nicht für die Öffentlichkeit zu öffnen, ist nach Ansicht der Schwestern die Sicherheit für alle, die sich im Bereich der pädagogischen Einrichtungen aufhalten.

Für die Armen Schulschwestern ist die Frage auch nicht verhandelbar, wie sie bei früheren Anfragen schon sehr deutlich bekundet hatten. Schwester Charlotte und Schwester Salome wiederholen also auch diesmal, dass sie einer Öffnung "niemals zustimmen" werden.

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Quelle:
SZ vom 30.11.2015
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