Süddeutsche Zeitung

Klang und Video:Bewegtes Geschenkpapier

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Die Streichquartett-Nacht unter dem Motto "Mensch - Klang - Raum - Moderne" bildet den Abschluss der Veranstaltungen zum Jubiläum "20 Jahre Pinakothek der Moderne".

Von Klaus Kalchschmid

Ein Streichquartett, das auch mit Wasser gefüllte Gläser streicht, klangvoll Gongs schlägt, schon mal Zahlen skandierend sein Spiel akzentuiert und zwischen sehr zeitgenössischen, aber durchaus eingängigen Klängen berückend ganz alte Musik zitiert: George Crumb war das passgenaue Zentrum der langen Streichquartett-Nacht unter dem Motto "Mensch - Klang - Raum - Moderne" als Abschluss der Veranstaltungen zum Jubiläum "20 Jahre Pinakothek der Moderne". Sein "Black Angels" von 1970 wurde ungemein differenziert gespielt vom Diogenes Quartett und waren das älteste von neun Stücken, die auf den großen Treppen des Museums oder an den Rändern der Rotunde dargeboten wurden.

Platzieren konnte man sich überall auf Sitzkissen oder stehend, hörte stets hervorragend und hatte einen immer wieder anderen, mehr oder minder intensiven, die Musik oft dominierenden Blick auf die Videoinstallationen von Manuela Hartel. Mal füllten sie hinter den Ensembles die hohen Wände mit allerlei abstrahierten Schwärmen von Vögeln, Glühwürmchen, Schmetterlingen, Fischen oder auch kletternden Fröschen, mal fluteten sie die ganze Rotunde, wenn man oben auf der Empore stand. Das war eine Ergänzung des Gehörten, wirkte oft aber wie bewegtes Geschenkpapier.

Mit den herben, gleichwohl spannenden Experimenten in Jörg Widmanns erstem Streichquartett, exquisit gespielt vom Malion Quartett, begann der vierstündige Reigen mit Musik des 20. und 21. Jahrhunderts für zwei Geigen, Bratsche und Cello; es folgte der zweite Satz aus John Adams ebenfalls erstem Quartett von 2008. Danach überzeugten mitten auf der großen Freitreppe in den ersten Stock die vier Frauen des Klenke Quartetts mit Ursula Mamloks zweitem Quartett, ganz der Wiener Schule verpflichtet.

Das Asasello Quartett ließ den feinen Klängen aus Lisa Streichs "(Engel,...)noch tastend" von 2018 ein zweites Auftragswerk für dieses Ensemble folgen, komponiert 2022: Sergej Newski entwickelt da mit großer Wirkung aus kratzenden und schabenden Geräuschen immer wieder melodische Einsprengsel oder gar Klangflächen, kehrt aber stets zum Geräuschhaften des Beginns zurück.

Das Henschel Quartett reizte die Pole von Steffen Wicks immer neuen Hörbilder gerierendem "Kaleidoskop", hier intensive Arpeggien, dort zarte Melodie-Fragmente; bevor ein paar Schritte weiter das Modern String Quartett den Abend, durch den Annekatrin Hentschel führte, unter dem Motto "Framed in Jazz" locker gefügt um einem freien Mittelteil beendete: mit ein paar stark verfremdeten Anklängen an Modest Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung".

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