Süddeutsche Zeitung

Türkei in der Pandemie:Desaster nach Desaster

Das beliebte Urlaubsland ist nun Corona-Hochrisikogebiet. Dabei hat die Regierung Erdoğan eigentlich genug Probleme.

Von Tomas Avenarius

Die Türkei befindet sich in bester Gesellschaft. Neben dem bei den Deutschen beliebten Urlaubsland haben die Berliner Behörden auch die USA und Israel zu Corona-Hochrisikogebieten erklärt. Im vergangenen Sommer hatte Ankara den Vorwurf erhoben, Deutschland mache bei der Seuchenbekämpfung antitürkische Politik, wolle der Türkei mit der Drohung verschärfter Maßnahmen schaden. Der Vorwurf greift diesmal sicher nicht: dass die Bundesregierung neben den Türken ausgerechnet den Israelis und den Amerikanern wehtun möchte - so weit ist es noch nicht.

Die Gründe für die Hochstufung sind hausgemacht. Ankara hat die Pandemie eine Weile ziemlich entschlossen bekämpft, eine halbwegs vernünftige Impfpolitik betrieben, an hohen islamischen Festtagen am Lockdown festgehalten. Doch dann hat die Regierung der Versuchung nachgegeben, die Touristen-Saison voll mitzunehmen, die murrende Bevölkerung nicht länger mit geschlossenen Geschäften, Restaurants und Kinos zu verärgern.

Die Rechnung folgt auf dem Fuß. Die Zahlen gehen hoch, harte Maßnahmen werden wieder denkbar. Die Regierung Erdoğan hat mit Wirtschaftskrise, Waldbränden, Hochwasser und einer sich abzeichnenden Flüchtlingswelle aus Afghanistan eigentlich genug Probleme. Ein neues Corona-Desaster hätte sie sich ersparen können.

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