Süddeutsche Zeitung

Ukraine-Krieg:Letzte Hilfe

Die Arbeit des Roten Kreuzes im Kriegsgebiet in der Ukraine ist schwierig - und sie hat nichts mit Kumpanei mit Moskau zu tun.

Kommentar von Isabel Pfaff

Tatsächlich sind die Bilder schwer erträglich. Peter Maurer, Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), auf Tuchfühlung mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow, ein fast freundschaftliches Lächeln auf den Lippen. Die Fotos kamen Ende März zustande, als Maurer nach einem Besuch in Kiew auch Moskau besuchte, und sie haben der Organisation heftige Kritik eingebracht. In der Ukraine zweifelten Politiker die guten Absichten des IKRK an, warfen ihm vor, Partei für Moskau zu ergreifen.

Doch wer das Internationale Rote Kreuz wegen dieser Fotos und wegen eines geplanten Büros im südrussischen Rostow verurteilt, sollte einen genaueren Blick auf die Statuten der strikt neutralen Organisation werfen. Denn das IKRK leistet zwar auch humanitäre Hilfe am Ort wie andere Organisationen, aber es hat noch eine zweite, einzigartige Rolle: Es überwacht die Einhaltung des humanitären Völkerrechts, jener Kriegsregeln, zu denen sich alle Staaten im Rahmen der Genfer Konventionen bekannt haben. Das IKRK muss also mit allen Parteien reden - egal wie oft diese die Regeln schon gebrochen haben. Nur so bleibt der Zugang zu Kriegsgefangenen oder zu eingeschlossenen Zivilisten möglich.

Den Menschen in Mariupol halfen Maurers Gespräche in Moskau bisher nicht. Vielleicht werden sie es auch nicht. Doch das darf nicht dazu führen, das IKRK grundsätzlich zu verdammen. Es muss im Krieg einen geben, der auch mit verbrecherischen Regimes verhandelt, um deren Opfern helfen zu können - auch wenn es nicht immer klappt. Es ist gut, dass das IKRK diese heikle Aufgabe übernimmt.

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