Süddeutsche Zeitung

Entlastungen:Und nun: der Ein-Euro-Salat

Die Debatte, ob das billige Ticket eine Zukunft hat, ist ein bisschen schräg. Denn sie lässt den entscheidenden Aspekt außer Acht.

Kommentar von Detlef Esslinger

Das Neun-Euro-Ticket war toll, und da es nun ausläuft, sollte die Bundesregierung einen Nachfolger schaffen. Denkbar wären das Zwei-Euro-Buch und der Ein-Euro-Salat. Das Buch braucht dringend mehr Werbung, fürs Klima ist es eh besser, wenn die Leute lesen statt streamen, und dass Salat nur Vorteile hat, weiß ja wohl jeder. Aber wenn er im Herbst wieder teurer wird als ein Nackensteak, ist doch klar, was die Leute kaufen, vor allem die mit wenig Geld, also bitte.

Womit man bei der Debatte wäre, die am Freitag nach einer Schalte zwischen Bundesverkehrsminister Volker Wissing und seinen Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern angehoben hat. Wenn man es nicht ganz falsch verstanden hat, haben Letztere danach gesagt: dass das Neun-Euro-Ticket wegen Beliebtheit unbedingt fortgesetzt werden muss, dass aber nicht sie, sondern Wissings Leute das Geld auftreiben sollen. Das Neun-Euro-Ticket war praktisch ein Freifahrtschein. Hat irgendjemand angenommen, Freifahrten würden abgelehnt? Und zugleich spekuliert, es sollte sie auf Dauer geben?

Ja, Wissing hat bisher noch nicht so viel unternommen, um aus dem langjährigen Autoverkehrs- ein Verkehrsministerium zu machen. Doch wer alle Geldfragen bei ihm ablädt, tut letztlich viel dafür, dass das Neun-Euro-Ticket von September an tot ist und tot bleibt. In dieser Hinsicht ist es ohnehin egal, ob es wiederkommt oder ob die Regierung ihre Bürger künftig mit Büchern, Salat oder sonst was wegen Putin tröstet. Bezahlt werden muss, und wer bezahlt? Freifahrten gibt's bei der Kirmes, nicht beim Staat.

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