Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:Der Betrug

Der Skandal um das Interview mit Lady Di erschüttert die BBC in ihren Grundfesten. Für den Sender steht jetzt viel auf dem Spiel - und für das Land noch mehr.

Kommentar von Alexander Mühlauer, London

Für die BBC geht es jetzt um alles. Die British Broadcasting Corporation steht seit fast 100 Jahren für all das, was eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt und guten Journalismus ausmacht: Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit. Trotz mancher Fehltritte erwuchs über die Jahrzehnte ein Vertrauen in die BBC, das nun zutiefst erschüttert wurde. Eine Untersuchungskommission kam zu einem vernichtenden Urteil: Das Interview mit Prinzessin Diana aus dem Jahr 1995, einer der größten Scoops in der Geschichte der BBC, kam offensichtlich nur zustande, weil ein Reporter sich das Vertrauen mit gefälschten Dokumenten erschlichen hatte.

Dieser Betrug trifft die BBC in ihren Grundfesten. Einer ihrer Mitarbeiter hat gegen jene Leitlinien verstoßen, die den Granden der BBC stets heilig waren. Die sogenannten Guidelines sind eine Art Glaubensbekenntnis, und darin heißt es: "Unser Publikum vertraut uns und erwartet von uns, dass wir uns an die höchsten redaktionellen Standards halten." Es liegt jetzt an der BBC zu beweisen, dass dieser Satz trotz des Skandals noch gültig ist.

Einfach wird das nicht, denn einige der größten BBC-Kritiker sitzen in der Regierung. Und die wird den Skandal zum Anlass nehmen, das zu tun, was sie ohnehin schon vorhatte: die Macht der BBC beschneiden, womöglich die Rundfunkgebühr abschaffen und die Aufsichts- und Entscheidungsgremien nach ihrem Gusto besetzen. Die BBC wird um ihre Daseinsberechtigung kämpfen müssen. Und damit um das, was sie so bedeutend gemacht hat: unbestechlichen und unparteiischen Journalismus.

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