Süddeutsche Zeitung

Deutsche Katholiken:Ein Vorbild für die Kirche weltweit

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Kleriker und Laien ringen darum, wie die Kirche aus der Krise kommen kann. Dieser " Synodale Weg" stimmt hoffnungsfroh.

Von Annette Zoch

Von 2900 bis 3200 "pädokriminellen Priestern und Ordensleuten" seit den 50er-Jahren geht Jean-Marc Sauvé aus. Und diese Schätzung sei noch zurückhaltend, so Sauvé am Wochenende in französischen Medien. Der ehemalige Vizepräsident des Staatsrats ist Vorsitzender einer unabhängigen Kommission zur Untersuchung sexuellen Kindesmissbrauchs in der katholischen Kirche Frankreichs, in dieser Woche soll die Studie veröffentlicht werden. Das deutsche Pendant, die MHG-Studie von 2018, nannte damals 1670 beschuldigte Kleriker, ging aber ebenfalls von einem deutlich größeren Dunkelfeld aus.

Dass so viele nationale Studien zu ähnlichen Ergebnissen kommen, zeigt deutlich: Es sind systemische Gründe, die sexualisierte Gewalt gegen Kinder in der katholischen Kirche erleichtern. Diese Gründe will der Synodale Weg, die Reformdebatte zwischen Klerikern und Laien, beseitigen. An diesem Wochenende ist - unter hoher internationaler Aufmerksamkeit - die zweite Synodalversammlung zu Ende gegangen. Zwar früher als gedacht, weil so viele schon abgereist waren, die Beschlussfähigkeit war nicht mehr gegeben. Doch dies sollte die Leistung des Synodalen Wegs nicht schmälern. Die meisten Diskussionsbeiträge waren beeindruckend sachlich. Die Synodalen, darunter auch viele Bischöfe, ringen ernsthaft um Veränderungen.

Vorschläge für mehr Gewaltenteilung und mehr Mitsprache der Gläubigen in Finanzfragen haben auf nationaler Ebene zumindest die Chance, umgesetzt zu werden. Bei der Sexualmoral fordern die Synodalen sogar eine Abkehr von der geltenden Lehre. Sexualität soll als Ausdruck der eigenen Individualität verstanden werden, nicht mehr alleine auf Fortpflanzung ausgerichtet und nicht nur in der Ehe gebilligt. Auch Homosexualität soll nichts "Abnormes" mehr sein. Auch wenn so etwas derzeit in Rom als nicht durchsetzbar gilt - allein die Qualität des Ringens macht den Synodalen Weg zum Vorbild für die Weltkirche.

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