Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge:Das Recht auf Familie muss für alle gelten

Bürgerkriegsflüchtlinge dürfen ihre Angehörigen nur sehr eingeschränkt oder gar nicht nach Deutschland holen. So wird ihre Integration künstlich erschwert.

Von Nina von Hardenberg

Wer vor einem mörderischen Bürgerkrieg flieht, sucht oft dauerhaft eine neue Heimat. Das anerkennend hatte Deutschland vor der Flüchtlingskrise auch Flüchtlingen mit sogenanntem subsidiären Schutzstatus - vor allem Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan und Eritrea - ermöglicht, ihre Familien nachzuholen.

Seit 2015 ist das anders. Die humanitäre Geste hat sich in ihr Gegenteil verkehrt. Der Familiennachzug wurde zunächst für zwei Jahre ausgesetzt und dann auf 1000 pro Monat beschränkt. Das Verfahren für die Auswahl dieser 1000 gestaltete man darüber hinaus so kompliziert, dass fast keinen Monat 1000 durchkamen, seit Corona erst recht nicht mehr - und das obwohl mehr als 11 000 Menschen warten.

Es ist an der Zeit, sich auf das Recht auf Familie zu besinnen und die Kontingent-Regel abzuschaffen. Die jahrelange Trennung von Familien verstößt gegen das Grundgesetz. Und sie ist integrationspolitischer Unsinn. Die Menschen sind gekommen, um zu bleiben. Wie aber soll man ankommen, wenn einem die Sorge um ein zurückgebliebenes Kind den Schlaf raubt? Am Ende werden viele Angehörige ohnehin nachziehen dürfen. Das Recht ist auf ihrer Seite - dann aber wurden viele Jahre der Integration ohne Not verpasst.

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