Süddeutsche Zeitung

Steuerpolitik:Die Politik des geringsten Widerstands muss vorbei sein

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Mehr als 65 Milliarden Euro gibt der Staat für umweltschädliche Subventionen aus. Die neue Regierung muss da ran, damit Menschen und Unternehmen ihr Verhalten ändern.

Kommentar von Thomas Hummel

Umweltschädliche Subventionen abschaffen - das hört sich gut an. Laut Umweltbundesamt sind hier mehr als 65 Milliarden Euro zu holen. Geld, das die potenzielle Ampel-Regierung dringend braucht, will sie doch keine Steuern erhöhen und bald keine Schulden mehr machen. Doch die Umsetzung wird nicht so einfach. Wer finanzielle Privilegien genießt, gibt sie ungern wieder her. Und viele haben sich schlichtweg angepasst: Sie wählen zum Beispiel einen Arbeitsplatz weit weg von daheim, weil der Diesel günstig und die Pendlerpauschale hoch ist.

Dennoch muss die neue Bundesregierung da nun ran, und nicht nur die. Das Weltklima kann nicht warten, die Erderhitzung nimmt beängstigend an Fahrt auf. Wenn der Internationale Währungsfonds die weltweiten Subventionen in fossile Brennstoffe auf 5,9 Billionen US-Dollar beziffert, dann stimmt etwas gewaltig nicht. Wenn das so bleibt, sind Bekenntnisse zum Klimaschutz nur Worthülsen.

Der Wandel kann nur gelingen, wenn klimafreundliches Verhalten billiger ist und mehr Profit einbringt als klimaschädliches. So funktioniert Marktwirtschaft. Bislang ist es oft genau anders herum. Die alte Regierung glich einige Missstände aus, indem sie die neuen Technologien ebenfalls mit Subventionen eindeckte. So unterstützt der Staat den Diesel immer noch, und Elektroautos nun auch. Das ist absurd. Einigen sich SPD, Grüne und FDP, müssen sie die Politik des geringsten Widerstands aufgeben und die Richtung vorgeben. Nur dann renovieren Hausbesitzer ihre Gebäude, nehmen Reisende lieber Zug als Flugzeug, greifen Kunden lieber zum Gemüse als zu Fleisch. Das wird in Teilen der Gesellschaft Protest auslösen, wer lässt gerne von lieben Gewohnheiten? Auch in der Wirtschaft drohen Turbulenzen, manche Geschäftsmodelle stehen vor dem Aus. Doch noch haben Deutschland und Europa Reserven, um soziale Härtefälle abzufedern. Allen anderen sollte die Politik sagen: Stellt euch um. Oder es wird teuer.

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