Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Enthaltung

Eine Möglichkeit, sein Votum abzugeben - auch im UN-Sicherheitsrat.

Von Detlef Esslinger

Wer an einer Abstimmung teilnimmt, hat jeweils verschiedene Möglichkeiten: Geht es um die Auswahl unter mehreren Kandidaten oder Parteien, kann man sich für einen respektive eine entscheiden. Geht es um Ja oder Nein, kann man mit Ja oder Nein stimmen. Überdies gibt es de facto eine dritte Möglichkeit, selbst wenn sie auf dem Stimmzettel gar nicht vorgesehen ist: die Enthaltung. Man kreuzt alles oder gar nichts an, man kritzelt irgendwas auf den Zettel und macht ihn so ungültig. Parteien, jedenfalls in Deutschland, haben es sich angewöhnt, bei Abstimmungen übers Personal die Enthaltungen nicht mitzuzählen - weil dies einen schönen mathematischen Effekt hat: Die Prozentzahl, mit der jemand gewählt wird, ist automatisch höher. Im UN-Sicherheitsrat hingegen ist die Enthaltung ausdrücklich vorgesehen, wie man in der Nacht zum Donnerstag wieder erleben durfte. Eine Resolution zu Feuerpausen und der Freilassung aller Hamas-Geiseln wurde angenommen, weil zwölf der 15 Mitglieder sie annahmen; neun hätte es gebraucht - und weil die USA, Russland und Großbritannien sich enthielten. Wofür sich eine Lesart etabliert hat: Wer sich enthält, billigt eine Resolution, hält es aber nicht für opportun, dies ausdrücklich zu erklären.

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