Süddeutsche Zeitung

Strobl-Affäre in Baden-Württemberg:Ein Eigentor

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Es ist richtig, dass der Landtag eine Untersuchung der Vorgänge bei Polizei und Innenministerium veranlasst. Denn das Handeln des Innenministers war unnötig - und vielleicht strafbar.

Kommentar von Max Ferstl

So eine verworrene Affäre muss man erst einmal zustande bringen: Da ist ein Polizeiinspekteur, der eine Hauptkommissarin sexuell belästigt und ihr berufliche Vorteile gegen Sex in Aussicht gestellt haben soll. Da ist ein stellvertretender Ministerpräsident, der ein internes Schreiben weitergibt und gegen den deshalb die Staatsanwaltschaft ermittelt. Diese Tatsache wiederum scheint die Landesregierung nicht wirklich zu stören. Wenn man optimistisch davon ausgeht, dass ein Untersuchungsausschuss Ordnung ins Chaos bringt, dann hat Baden-Württembergs Landtag am Mittwoch die richtige Entscheidung getroffen.

Die Vorgänge bei der Landespolizei und im Innenministerium benötigen einen kritischen Blick. Zwar beklagt die Regierungskoalition aus Grünen und CDU jetzt vehement, dass der Opposition vor allem daran gelegen sei, den betroffenen Innenminister Thomas Strobl (CDU) zu beschädigen - was durchaus zutreffen mag. Doch beschädigt hat sich Strobl in erster Linie selbst.

Es überzeugt nicht, wenn man sich rückwirkend zum Vorkämpfer für Transparenz erklärt

Er hat im vergangenen Dezember ein Anwaltsschreiben aus dem Disziplinarverfahren gegen den Polizeiinspekteur an einen Journalisten weitergegeben - und diesen Umstand erst Monate später bekannt gemacht. Er habe Öffentlichkeit herstellen wollen über ein dubioses Gesprächsangebot des Anwalts, so begründet Strobl die Weitergabe seitdem. Sich allerdings rückwirkend zum Vorkämpfer für Transparenz zu erklären, ist nicht sehr überzeugend.

Fest steht, dass Strobls Vorgehen mindestens ungeschickt war, womöglich strafbar. Und es war auch unnötig. Das Innenministerium hätte das Angebot des Anwalts einfach zurückweisen oder einen Vermerk für die Akten schreiben können. Dadurch hätte sich Strobl viel Ärger erspart. Dass SPD und FDP im Landtag jetzt in der Affäre eine Chance zur Profilierung wittern, gehört zum politischen Geschäft. Es ist nicht die Aufgabe der Opposition, einen angeschlagenen Minister zu schonen.

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