Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Toast

Was das gebähte Brot mit Interessenkonflikten in der tschechischen Regierung zu tun hat.

Von Viktoria Großmann

Hat man Toastbrot im Haus, muss man morgens nicht zum Bäcker. Damit ist eigentlich alles zu den Vorteilen gesagt. Das Bähen des Brotes, wie das Rösten im süddeutschen Raum auch heißt, ist der Menschheit spätestens seit dem Mittelalter als Küchentechnik bekannt. Die Erfindung und Verfeinerung des Toasts darf den Briten angerechnet werden, seine Popularität verdankt es eher den Amerikanern. Die ersetzten den Platz raubenden, englischen Kamin durch den volksnahen Pop-up-Toaster und machten aus der keck aus dem Gerät springenden Brotscheibe ein Sehnsuchtssymbol des fortschrittlichen Westens. Heute steckt hinter dem deutschen Marktführer ein Investor aus dem Osten. Golden Toast gehört zur Lieken AG, die gehört zur Agrofert Holding, und die gehört dem tschechischen Premier Andrej Babiš. Der gibt zwar an, alles verkauft zu haben. Die EU-Kommission sieht es aber als erwiesen an, dass der Gründer der Holding noch immer entscheidenden Einfluss auf diese ausübt. Wegen dieses Interessenkonflikts sollen die Firmen nicht mehr mit EU-Geld gefördert werden. Die tschechischen Steuerzahler bleiben deshalb auf mehreren Millionen Euro ausgezahlter Subventionen sitzen, welche die EU nicht erstatten wird. Diese Woche wurde nun bekannt, dass dessen ungeachtet der zuständige nationale Agrarfonds weitere 1,4 Millionen Euro Subventionen für die tschechische Toastbrot-Firma von Agrofert genehmigt hat. Die Opposition hat die Polizei verständigt, allen anderen hilft ein Gang zum Bäcker.

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