Süddeutsche Zeitung

Social Media in der Türkei:Twitter knickt ein

Die Erdogan-Regierung will der Opposition den letzten Freiraum nehmen und legt die digitalen Plattformen an die Kette.

Von Tomas Avenarius, Istanbul

Twitter gibt offenbar dem Druck der türkischen Regierung nach und unterwirft sich türkischem Recht. Die Tageszeitung Sabah berichtete, der US-Online-Dienst sei nun doch bereit, eine Niederlassung im Land zu eröffnen und sich damit den strengen Regeln des türkischen Medienrechts zu beugen. Die Social-Media-Plattform habe bereits Kontakt mit den Behörden aufgenommen. Twitter selbst hat sich bisher noch nicht geäußert.

Die Türkei steht bei der Twitter-Nutzerzahl weltweit an vierter Stelle. Da die Medienfreiheit im Land immer stärker beschränkt wird, wurde Twitter aber auch zur letzten Bühne für jede Art von politischer Opposition. Obwohl auch Regierungspolitiker Twitter gern nutzen, hat Präsident Recep Tayyip Erdogan den Sozialen Medien immer wieder den Kampf angesagt und sie nach beleidigenden Tweets gegen seine Familie mit Terrorismus in Verbindung gebracht.

Beleidigende Posts müssen auf Anfrage der Betroffenen sofort gelöscht werden

Dem weitreichenden Schritt von Twitter waren mehrere hohe Geldstrafen vorausgegangen, welche die Behörden gegen den US-Dienst verhängt hatten, weil dieser sich den neuen Mediengesetzen nicht unterwerfen wollte. Die im Herbst vergangenen Jahres erlassenen Regelungen zwingen die Betreiber von Sozialen Medien, als beleidigend eingestufte Posts auf Anfrage der Betroffenen sofort zu löschen, zu haften und die Nutzer zu registrieren.

Digitalunternehmen wie Facebook, Youtube, Instagram und Netflix hatten dem Druck früh nachgegeben. Twitter hielt an seiner Weigerung fest. In der Folge verhängten die Behörden erst Millionenschwere Geldstrafen und dann ein Werbeverbot. Der nächste Schritt wäre nach dem neuen Strafkatalog die 50-prozentige Beschränkung der Bandbreite und damit eine drastische Reduzierung der Surfgeschwindigkeit für die Twitter-Nutzer gewesen.

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