Süddeutsche Zeitung

TV-Programm im Sommer:Vom See vor die Glotze

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Lauschige Sommerabende und Fernsehen gehen nicht zusammen? Was auf den ersten Blick unmöglich erscheint, könnte in diesem Jahr klappen. Denn die Programmplaner haben gerade im Spätprogramm viele TV-Highlights versteckt.

Von Carolin Gasteiger

Sich im Sommer Gedanken über das Fernsehprogramm zu machen ist - besonders jetzt, da das Wetter endlich sommerlich heiß ist - eigentlich müßig. Der Fernseher ist zwar da. Aber wer sitzt bei dem schönen Wetter schon davor? Sich also momentan über das Fernsehen aufzuregen, ist im besten Falle sinnlos. Oder?

Nun, nicht ganz, wie die jüngst geführte Debatte um das ARD-Dokudrama George zeigt: Das legten die Programmplaner tatsächlich auf einen Sendeplatz mitten in den Sommer, genau dann, wenn eben niemand vor dem Fernseher sitzt. Und das war nicht der einzige Fauxpas. Anstatt das TV-Highlight auf Heinrich Georges Geburtstag im Herbst zu legen, was logisch wäre, wurde es zum 75. Geburtstag seines Sohnes gesendet. Und genau das wollte Götz George nicht. Ganz zu schweigen davon, dass davor ein alter Schimanski lief.

Und man muss sich weiter wundern. Denn im Spätprogramm verstecken die Sender momentan tatsächlich einige Perlen.

Zum 30-jährigen Jubiläum des ewigen Stenz' laufen im Bayerischen Fernsehen die alten Episoden des Monaco Franze ( BR, montags und donnerstags, 20.15 Uhr). Ein Münchner Original und allein wegen Helmut Fischers locker-lässigem Lebenswandel sehenswert. Aber, das muss man festhalten - eigentlich noch im Hauptabendprogramm.

Anders liegt es mit Im Angesicht des Verbrechens: Dominik Grafs Monsterprojekt, das fast scheiterte, ein großartiger Zehnteiler über die Russenmafia in Berlin, versteckt das Bayerische Fernsehen donnerstags ab 22.05 Uhr in Doppelfolgen. Zur Erinnerung: Vor zwei Jahren trauten sich die ARD-Programmverantwortlichen nicht, die Serie ins Hauptprogramm zu heben und versendeten es, die letzten drei Folgen sogar an einem Abend hintereinander. Beim BR scheint es nicht anders zu sein.

Arte stellt sein Sommerprogramm ganz ins Zeichen des Soul: Am vergangenen Wochenende zeigte der Sender unter dem Motto "Black and Proud" das Box-Drama Ali und die Dokumentation When we were Kings, am kommenden Samstag und Sonntag geht es um "Soul-Labels", unter anderem gewährt ein Film Einblicke in die Soul Train-Archive, die legendäre Musikshow aus den Siebzigern.

Tatort-Fans müssen sich bis Ende August noch gedulden, so lange ist die ARD-Reihe in der Sommerpause. Wem die Wiederholungen alter Fälle nicht reicht, sollte sich Flemming ( ZDF, freitags um 21.05 Uhr) zu Gemüte führen. Auch in der dritten Staffel der Krimiserie passen Samuel Finzi und Claudia Michelsen gekonnt als Ex-Ehepaar zusammen. Und schon die erste Folge überzeugte durch die Gastbesetzung: Hannelore Elsner als paranoide Mutter, die zuletzt verletzt neben Kommissar Flemming im leeren Schwimmbecken liegt.

Und dann wären da natürlich noch Filmhighights wie Kriegerin ( Do, 1. August, 22.15 Uhr, ZDF) über die Neonazi-Szene in Deutschland, mit der künftigen Tatort-Kommissarin Alina Levshin in der Hauptrolle. Für ihre Rolle bekam sie den Deutschen Filmpreis.

Aber planen die Programmverantwortlichen wirklich immer falsch? Man kann die versteckten TV-Schätze auch anders betrachten: Wer den Sommerabend mit Grillen am See verbringt, mag das Hauptabendprogramm verpassen, nicht aber die Sendungen, die spätnachts laufen. Und damit fast alle Empfehlungen von oben. Aus diesem Grund müsste man den Programmmachern schon fast wieder dankbar sein. Aber nur, so lange es tatsächlich noch Sommer ist.

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