Süddeutsche Zeitung

Tatort: "Schuld und Sühne":Schimanski und die Korruption

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Ein junger Polizist begeht Selbstmord. Horst Schimanski will die Umstände aufklären. Götz George verkörpert den "Tatort"-Ermittler gewohnt glaubwürdig - vor allem dessen Fassungslosigkeit.

Christopher Keil

Der erste Tatort mit Horst Schimanski als Kommissar hieß "Duisburg Ruhrort". In Duisburg rauchten 1981 überall Schlote, die Kumpel soffen sich den Staub aus der Lunge, und Schimanski, der Bulle, prügelte sich durch die kleine Welt der Schwerindustrie und sorgte mit der Kraft seiner Fäuste und seines Herzens für Recht und Ordnung.

Seit 1997 läuft Schimanski als Einzelkrimi, inzwischen alle zwei Jahre, Sonntagabend war er wieder einmal im Einsatz. Duisburg ist bürgerlicher geworden und sauberer.

Thomas Jauch, der Regisseur, inszenierte für "Schuld und Sühne" trotzdem die alte Zeit: hinterm Friedhof qualmt es tagsüber, nachts dampft es himmelwärts zwischen den Lichtpunkten der Anlagen, in den Kneipen teilen Frauen wie Sonja Hoppe das Bier und den Schnaps mit mütterlicher Geste aus.

Sonja Hoppe ist Mutter, ihr Sohn ist bei der Polizei. Als er sich erschießt, macht sich Schimanski, der längst außer Dienst ist, auf die Suche nach den Gründen: Er war mit dem Vater des Toten, auch ein Polizist, befreundet.

Nur noch auf der Spur persönlicher Betroffenheit löst er die Fälle, und er löst sie in Ruhe und mit Klarheit. Er ist ja wie sein Darsteller Götz George um die 70, und ein alter Mann, auch wenn er spruchsicher geblieben ist, gute Reflexe hat und weiß, wohin er treten muss, denkt nach, setzt Erfahrung und Verstand als Waffen ein.

In "Schuld und Sühne" ging es um Korruption auf der Wache Ruhrort, wohl deshalb rauchte Duisburg noch mal so kräftig. Es ging um eine Generation von Polizisten, die sich im Mittelstand eingerichtet hat mit finanziellen Belastungen, bei denen man sich fragt, wie sie die abwerfen wollen.

Schimanski versteht diese Polizisten nicht mehr, begreift ihre Moral nicht, die sich nicht mehr von der Moral der Dealer, Luden und Killer unterscheidet. Der Sohn seines Freundes hatte verdeckt gegen die Kollegen ermittelt, und als die Kollegen eine Nutte in seinem Beisein hinrichteten, um ihn auf Linie zu kriegen, hielt er es im Leben nicht mehr aus. Denn er liebte die Nutte.

Götz George spielt die Fassungslosigkeit eines Cops, der nicht immer richtig handelte, der aber wusste, was falsch ist, so hinreißend und selbstironisch, dass man Schimanski eher 2011 als 2012 wieder sehen möchte.

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Quelle:
SZ vom 31.01.2011
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