Süddeutsche Zeitung

Tatort an Weihnachten:Monsterteddy

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Kommissarin Lindholm wird in einen Mordfall in Hamburg verwickelt - das ist trotz Staraufgebot wenig mitreißend.

Von Holger Gertz

Auch im Sport werden Dreamteams gebildet. Man holt die besten Leute zusammen und vertraut darauf, dass jede Menge Einzeltalent im Ganzen auch was Bewegendes ergibt. Manchmal kommt ein Weißes Ballett dabei raus, manchmal nur Cosmos New York, eine Weltauswahl mit Beckenbauer und Carlos Alberto und Neeskens. Tolle Namen. Tolle Bilder. Aber reicht das?

Dieser Weihnachts-"Tatort" vom NDR ist ein bisschen wie Cosmos New York. Es spielen: Jens Harzer, Anne Ratte-Polle, Nadeshda Brennicke, Kida Khodr Ramadan. Kamera Bella Halben, Udo Lindenberg als Gaststar. Regisseur Detlev Buck spielt selbst einen Luden, der auf dem Schoß eines Monsterteddys sitzt. Tolle Bilder. Tolle Namen. Aber reicht das? Wer die Nummernrevue mag, dem könnte "Alles kommt zurück" gefallen. Wer allerdings die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat, der Tatort möge Geschichten erzählen, die auch mal weniger experimentell sind, dafür aber aufgehen - dem wird das Stück hier nicht viel sagen.

Blind Date im Hotel Atlantic - da darf Udo Lindenberg nicht weit sein

Kommissarin Lindholm trifft sich im Hamburger Hotel Atlantic zu einem Blind Date mit einem Mann, aber der Mann ist schon tot, als sie ins Zimmer kommt, nun ist sie verdächtig. Könnte was draus werden, aber Buck entwickelt den Stoff zu einer Groteske einerseits, zu einem Stadtporträt andererseits. Hamburg, immer wieder Hamburg. Aber alles auch schon mal gesehen. Der popkulturell bedeutsame Umstand, dass Udo Lindenberg im Hotel Atlantic lebt - wie oft ist der schon umtanzt worden? Oder der Kiez mit seinen Bewohnern, die so enervierend norddeutsch reden müssen wie der TV-Koch Steffen Henssler. "So 'ne taffe Blondeee", kräht der Barmann, der schon bei Jürgen Roland hätte Dienst tun können. Die taffe Blonde ist Frau Lindholm (Maria Furtwängler), die selbst in der Kiezhöhle "Dildo-Fabrik" derart aseptisch durchs Panorama schreitet, dass sogar dem Kuschellicht sämtliche Wärme abhandenkommt.

Damit so ein Film, der auch eine Krimiparodie ist, funktionieren kann, wäre ein sprühendes Buch die beste Voraussetzung, aber Uli Brées Vorlage funkelt nicht. Schöne Idee zwar, den einen Udo Lindenberg unter etlichen Lindenberg-Doubles suchen zu müssen, aber die Sequenz "Hier sieht man doch den Wald vor lauter Udos nicht" klingt dann sehr nach dem späten Otto Waalkes.

Maria Furtwängler ist auch Produzentin der Episode, ihre Figur hat viel Raum. Die Story knüpft an einen alten Lindholm-Fall an, und Lindenberg singt ihr ein Lied, wobei sie ihm gedankenverloren zusieht: Das lässt sich am TV mit Glühwein etwas besser ertragen als ohne. Der Weihnachts-"Tatort" ist vor allem ein Fest für Lindholm-Fans. Allen anderen bleibt die Frage, wo Buck diese Monsterteddys herhat oder - wichtiger - wo die jetzt wohl sind. Spricht auch nicht für den Film, wenn einen das Bärenschicksal so erschüttert.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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