Süddeutsche Zeitung

Tatort Dortmund: "Auf ewig Dein":Nicht ganz sauber

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In diesem Tatort hat die persönliche Verstrickung des Kommissars Sinn und Funktion. Inzwischen ist der eigenwillige Faber, sehr intensiv dargestellt von Jörg Hartmann, sogar fähig zur Selbstironie.

Von Holger Gertz

In dieser vierten Episode aus Dortmund rundet sich das Bild des seelisch verwundeten Hauptkommissars Peter Faber, dessen Familie ja bei einem Autounfall umgekommen ist und der seitdem immer diese vermuffte Jacke anhat, Tag und Nacht: Faber-Fans wissen Bescheid.

Autor Jürgen Werner hat alle vier Folgen geschrieben, besonders nach der zweiten sah es so aus, als wäre Faber in seiner Rolle als Kaputtnik unrettbar gefangen. Der sehr blauäugige Kollege Stellbrink aus Saarbrücken zum Beispiel kommt aus dem Charaktergefängnis nicht mehr raus, das die Autoren ihm gezimmert haben. Aber Faber haben sie schon in der vergangenen Folge langsam zurückgeholt, er haut mit dem Baseballschläger keine Schreibtische mehr kurz und klein, er ist inzwischen fähig zu so etwas wie Selbstironie - das ist ja eine sehr einnehmende Charaktereigenschaft.

Vollkatastrophe hängt über dem Ruhrgebiet

"Zwei von meiner Sorte können wir uns nicht leisten", sagt er zur Kollegin Bönisch, die von ihm am Anfang sehr angekotzt war. Wie diese wechselseitige Fremdheit allmählich abtaut: Das wird schön beiläufig erzählt. Faber erfährt, wer ihm immer die Bilder seines toten Kindes auf den Tisch legt, er hängt tief drin im Fall, den er zu klären hat. "Auf ewig Dein" heißt der Film, in dem die Verdächtigen nicht nur verdächtig sind: Sie sind Fabers Gegner, seine Feinde.

Anders als in Gebrauchs- Tatorten hat diesmal die persönliche Verstrickung des Kommissars Sinn und Funktion - weil der Kommissar sich womöglich selbst entfesseln kann, wenn er den Täter stellt. Der Kommissar könnte am Fall aber auch jederzeit scheitern, die Vollkatastrophe hängt drohend über dem Ruhrgebiet: Kann immer sein, dass einer den Sittich macht.

Dialoge aus der Kampfzone. Ein Mann im verschwitzten Unterhemd hat Schmutzbilder auf der Festplatte gespeichert. Aber, sagt er: "Es waren ja nur 30 oder 40 Stück." "Ach, mehr nicht?", knarzt Faber, dessen Weltekel nachhallt, wie aus einem Blecheimer gesprochen. Vier Folgen lag der Kommissar also im Entwicklerbad, am Ende dieser spannenden und sehr gut besetzten Episode sind die Konturen schärfer gezeichnet.

Dass das Publikum solange drangeblieben ist, liegt natürlich vor allem am sehr tollen Jörg Hartmann, der den runtergewohnten Faber so intensiv und körperlich spielt. Der Geruch seines wamsartigen Umhangs scheint fast im Raum zu stehen, wenn er erscheint. Ganz sauber ist Faber am Ende immer noch nicht. Aber die Klamotten kommen in die Wäsche.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 01.02.2014
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