Süddeutsche Zeitung

"Tatort" aus Bremen:Übertourt

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Solonummer für Liv Moormann: In "Donuts" ermittelt die Kommissarin in der Autotunerszene und ihrer eigenen Vergangenheit.

Von Claudia Fromme

Wenn eine Stadt einen Tatort hat und einen Hafen dazu, liegt da über kurz oder lang eine Leiche herum. Ist in Frankfurt so, in Ludwigshafen, in Dortmund, in Bremen sowieso. Häfen versprechen Dunkelheit, zwielichtiges Volk und viele Ecken zum Verstecken. Besonders viele dieser Zutaten gibt es im gigantisch großen Überseehafen von Bremerhaven. Da liegt ein toter Mann im Kofferraum eines Neuwagens, der nach Shanghai verschifft werden sollte, das Blut rinnt malerisch den weißen Lack herunter. Nun hat Bremerhaven zwar keinen Tatort, aber das Hafengelände ist stadtbremerisches Gebiet, also dürfen die Bremer Ermittler ran.

Es ist die zweite Hafenleiche für Kommissarin Moormann (Jasna Fritzi Bauer), BKA-Ermittlerin Selb (Luise Wolfram) und die dänische Amtshilfe Mads Andersen (Dar Salim), was bei bislang erst vier Fällen des aktuellen Teams erstaunlich ist. Noch erstaunlicher ist aber, dass es sich schon wieder auflöst. Selb wird früh im Fall zu Europol nach Brüssel abgezogen, Andersen ist irgendwo im Ausland unterwegs, macht sich gewohnt dünne, taucht nur kurz in Videoanrufen auf. Ist der schillernde dänische Schauspieler beim nächsten Fall aus Bremen noch dabei?

Im Krimi heulen die Motoren, aber was fehlt, ist die Tiefe

So wird der Krimi, für den Mathias Schnelting mit Sebastian Ko das Buch geschrieben hat, der auch Regie führt, zur Solonummer für Liv Moormann. Die kommt aus Bremerhaven, da ermittelt mit ihr der alte Kollege Petersen (Patrick Güldenberg), aber hinpassen will sie da nicht mehr. Die hässliche Vergangenheit, die Mutter, die sich nie gekümmert hat - und dann stößt Moormann bei den Ermittlungen, die sie in die Autotuner-Szene führen, auf noch mehr Familie. "Die Heimat umarmt mich wie ein böser Tiger", sagt Moormann. Sie wird vom Fall abzogen, ermittelt weiter, auch in der eigenen Vergangenheit.

Donuts sind diese Kringel, die man auf dem Asphalt produziert, wenn man mit angezogener Handbremse im Kreis schliddert und die Reifen ordentlich Gummi geben. So heißt dieser Tatort, "Donuts", und es geht darin um erstaunliche Fahrkünste, aber auch darum, dass man aus seiner alten Spur nicht herauskommt. Im Krimi heulen die Motoren, es gibt Verfolgungsjagden, die Schnitte sind schnell. Kameradrohnen liefern starke Bilder des riesigen Autoterminals. Der Film überzeugt mit seinem Tempo, was aber fehlt, ist die Tiefe, obwohl es so persönlich für Liv Moormann wird. Manches wirkt hingebogen, damit die Story läuft, manches etwas langatmig, wenn es um die Biografie der Ermittlerin geht. Aber das Leben ist eben keine aufgemotzte Karre mit goldenen Felgen, manchmal ist es einfach nur zum Heulen.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

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