Süddeutsche Zeitung

"Tatort" aus Bremen:Ohne Vertrauen keine Kollegialität

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Von Cornelius Pollmer

Die Freie Hansestadt Bremen erlebt besondere Tage und zu verdanken hat sie dies nur in zwei von drei Fällen dem FC Bayern München. Die beiden Spiele in Liga und Pokal werden weisen, ob Werder eine bislang sehr gute Saison zu einer sehr, sehr guten formen kann. Eine andere Spielzeit endet bereits dazwischen, am Ostermontag und mit dem letzten Tatort der Hauptkommissare Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen). Für die Reihe ist es ein wirklicher Verlust, die Filme aus Bremen waren zuletzt verlässlich keine Enttäuschung und oft sogar mehr. Was bleibt? Es bleiben 34 gemeinsame Fälle - und Inga Lürsen beendet ihre aktive Zeit als Ermittlerin auch sonst mit hervorragenden statistischen Werten in der Tatort-Bundesliga. In der ewigen Tabelle der Kommissarinnen kommt nur Lena Odenthal auf mehr Einsätze. Unbestritten ist auch, dass von Lürsen im Strafraum der Gesellschaft stets eine gewisse Todesgefahr ausging: 2,95 Leichen pro Folge im arithmetischen Mittel.

Nicht nur in dieser Hinsicht ist Lürsens letzter Fall ein überdurchschnittlicher. "Wo ist nur mein Schatz geblieben?" heißt die Episode vom Bremer Hausregisseur Florian Baxmeyer, und falls jemand genau diese Frage in Bezug auf die Sekretärin Martina Koch stellen sollte, dann lautete die korrekte Antwort: unter dem frischen Asphalt einer Straße. Gefunden wird sie dort nur, weil ein Kanalrohr geplatzt ist und wenn der Fundort nicht schon Hinweis genug auf ein Verbrechen wäre, die Spurensicherung hätte noch einiges mehr im Angebot, zum Beispiel "zirkuläre Strangulationsfurchen".

Verdächtige Nervosität

Irgendwie zirkulär gestalten sich dann auch die Ermittlungen. Zu viele Leute treibt der Fall in verdächtige Nervosität und zu diesen Leuten gehören nicht nur die tschetschenische Mafia und zwei komplett kaputte Typen vom BKA. Nein, zu diesen Leuten gehört auch der eigentlich geschätzte Kollege Stedefreund.

Um viel Geld geht es genauso wie um verdeckte Ermittler. Vor allem aber geht es um Vertrauen, dieses so funkelnde und flüchtige soziale Gut. Ohne Vertrauen kann es keine Freundschaft geben, keine Liebe, ja, nicht einmal Kollegialität. Zwischen Lürsen und Stedefreund ist alles Vertrauen zügig aufgebraucht, aber zu den schöneren Lektionen nicht nur dieses Fernsehfilms gehört zum Glück die, dass nicht jeder Verlust für immer sein muss.

Das Erste, Ostermontag, 20.15 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 20.04.2019
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