Süddeutsche Zeitung

Siegfried Rauch:Seriös und wagemutig

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Natürlich war Siegfried Rauch der ewige Kapitän des "Traumschiffs". Aber er war auch zur Stelle, wenn das deutsche Fernsehen einen Doktor, einen Kommissar oder einen amtlichen Schurken brauchte.

Nachruf von Hans Hoff

Wenn es nun immer wieder heißt, der Traumschiff-Kapitän sei gestorben, dann geht das an der Wirklichkeit ein paar Meilen vorbei. Wer Siegfried Rauch nämlich reduziert auf den Job am Ruder des ZDF-Unterhaltungsdampfers, den er 14 Jahre lang erledigt hat, der verkennt, dass der 1932 in Landsberg am Lech geborene Schauspieler weit mehr war als nur der knorrige Typ, der die Geschicke an Bord der MS Deutschland lenkte.

Rauch war so etwas wie eine deutsche Institution, immer da, wenn man jemanden brauchte, der mit Stimme und Statur gleichzeitig Seriosität und Wagemut auszustrahlen wusste. Rauch, der seine Karriere in den Fünfzigerjahren auf der Theaterbühne begonnen hatte, signalisierte Zuverlässigkeit und war zur Stelle, wenn man einen Doktor oder einen Kommissar oder eben auch einen amtlichen Schurken brauchte.

Er hatte den Halunken in billigen Sechzigerjahre-Kinokrimis der Edgar-Wallace- und Kommissar X-Klasse ebenso drauf wie den Sanitätsgefreiten oder den Lehrer. Rauch konnte alles und zeigte keine Scheu, sich auch in überschaubar anspruchsvollen Produktionen zu verdingen. Weltweite Beachtung errang er, als er im US-Kinoklassiker "Le Mans" beim mörderischen Autorennen den Gegenspieler von Steve McQueen gab. Ein Jahr später musste sich Rauch dann in einem frühen Tatort als Mörder durch Zürich jagen lassen, bevor er als Detektiv in Dr. Med. Mark Wedemann - Detektiv inbegriffen und als Kommissar der ZDF-Vorabendserie Bitte keine Polizei ermitteln durfte.

In den Achtzigerjahren wurde es ruhiger bei Rauch

Einen kleinen Höhepunkt erreichte seine Karriere, als er die Hauptrolle des Thomas Lieven in der ZDF-Serie Es muss nicht immer Kaviar sein übernahm. Zwar fand Johannes Mario Simmel, der Autor der Romanvorlage, die filmische Umsetzung wenig gelungen, aber das störte einen wie Rauch nicht, denn der konnte in jener Zeit über Unterbeschäftigung kaum klagen. Zum Ende des Jahrzehnts stand er gar neben Pierre Brice in der Serie Mein Freund Winnetou als Old Shatterhand vor der Kamera, was natürlich prima zu seiner robusten Ausstrahlung passte, der wenig erfolgreichen Produktion dann aber doch nicht so recht auf die Sprünge helfen konnte.

In den Achtzigerjahren wurde es, was die Rolleninhalte anging, ruhiger bei Rauch. Er spielte neben Maria Schell den Familienvater in der Vorabendserie Die glückliche Familie, gastierte erneut beim Tatort, stattete auch Derrick mal einen Besuch ab und wurde Anfang der Neunziger zum Leiter der Bergwacht in der Serie Wildbach, wo sich Abenteuer und ein bisschen Vorabendromantik die Hand gaben. Beachtliche 52 Folgen plätscherte der Wildbach so vor sich hin, bevor Rauch sich kurze Zeit später für jene Aufgabe entschied, die seinen Ruf entscheidend prägen sollte.

Im Jahre 1999 heuerte er auf dem Traumschiff an, der Inkarnation der deutschen Fernsehglückseligkeit, wo laut einem Harald-Schmidt-Bonmot Drehort immer vor Drehbuch geht und die Palmen im Bild oft wichtiger sind als die Geschichten, die darunter spielen. Rauch legte seinen Kapitän Paulsen als Respektsperson mit Herz an und spielte sich im Zusammenwirken mit der ewigen Chefhostess Beatrice und dem Schiffsarzt ins nationale Fernsehgedächtnis.

Als er 2013 von Bord ging, blieb er auf seine Art immer derjenige, der die Dinge lenkte, nun dann eben wieder in den Bergen, wo er bis in die jüngste Zeit dem Bergdoktor mit Rat und Tat zur Seite stand. Dass ihm das Alter keine allzu großen Steine in den Weg legte, zeigte sich in seiner Lust zum Wandeln auf fremden Pfaden. So war er in vielen Folgen der Sat.1-Comedyreihe Knallerkerle an der Seite von Antoine Monot Jr. zu sehen.

Im Januar hat Rauch in einem kleinen Videoclip zum Bergdoktor noch seine Einstellung skizziert. "Das Wichtige ist, dass man authentisch bleibt, dass man so ist, wie man ist, und so diese Rolle rüberbringt", sagte er und setzte nach: "Ich hoffe, dass es noch eine Weile weitergeht". Ein Wunsch, der nun leider nicht in Erfüllung geht.

Siegfried Rauch ist am Sonntag in seinem Wohnort Untersöchering südlich von München bei einem Treppensturz gestorben. Er wurde 85 Jahre alt.

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