Süddeutsche Zeitung

Schlesinger-Affäre:RBB soll für maximal ein Jahr von Interims-Intendant geführt werden

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Darauf hat sich der Rundfunkrat des Senders geeinigt. Eine Findungskommission soll eine geeignete Person finden - ohne Ausschreibung.

Von Anna Ernst

Der nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft in die Krise geratene Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wird mit einer Findungskommission nach einem vorübergehenden neuen Intendanten suchen. Darauf hat sich der Rundfunkrat des öffentlich-rechtlichen Senders in einer mehrstündigen Sitzung am Donnerstag einstimmig geeinigt. Ziel sei, schnellstmöglich in einer außerordentlichen Sitzung den Übergangsintendanten zu wählen, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Dieter Pienkny.

Der Sender beschreitet damit einen neuen Weg, der in dieser Form bislang nicht vom RBB-Staatsvertrag vorgesehen war. Eigentlich heißt es dort, dass Intendanten nach einer Ausschreibung für den Zeitraum von fünf Jahren gewählt werden sollen. Nach der Krise aber soll nun eine geeignete Interimsführung von außen gefunden werden, die für Aufklärung sorgt. Dafür hatte sich der Verwaltungsrat, das zweite Kontrollgremium des RBB, das unter anderem für Finanzen und auch für die Dienstverträge der Intendanten zuständig ist, bereits am Montag ausgesprochen.

Der Rundfunkrat, der den Intendanten wählen muss, hat sich rechtlich von der Staatskanzlei Brandenburg beraten lassen, die diese Entscheidung als Rechtsaufsicht des Senders mittragen muss. Auf der Homepage des Senders heißt es, dass die Staatskanzlei auch eine Kandidaten-Suche ohne Ausschreibung billige, "allerdings dürfe die Amtszeit dieses Interims-Intendanten nur bis zur ordentlichen Wahl eines neuen Intendanten dauern". Der Interims-Intendant dürfe nicht länger als ein Jahr bleiben.

Bislang wurden noch keine Namen von Wunschkandidaten oder -kandidatinnen geäußert. Wichtig aber seien Staatsferne und Integrität, betonte Dieter Pienkny nach der Rundfunkratssitzung. Der Findungskommission sollen neben Pienkny auch die amtierende Verwaltungsratsvorsitzende Dorette König, die Personalratsvorsitzende Sabine Jauer sowie die Sprecherin der Freien RBB-Journalisten, Dagmar Bednarek, angehören.

Generalstaatsanwaltschaft ermittelt noch

Die in die Kritik geratene Intendantin Patricia Schlesinger wurde vom Rundfunkrat bereits offiziell abberufen - und vom Verwaltungsrat zu Wochenbeginn obendrein noch formal fristlos entlassen. Damit sollte sichergestellt werden, dass Schlesinger keine Abfindung und auch keine Ruhegeldzahlungen bekommt. Normalerweise stehen ausgeschiedenen Intendanten unbefristet weiterhin etwa zwei Drittel ihres Gehaltes zu. Schlesinger verdiente jährlich mehr als 300 000 Euro.

Für sie hatte zunächst Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter die Geschäfte übernommen. An ihm und dem Führungsteam der Geschäftsleitung aber hatten sowohl Mitarbeitende des RBB als auch die Intendanten der anderen ARD-Landesanstalten scharfe Kritik geübt: Sie würden nicht ausreichend zur Aufklärung beitragen, so der Kern der Kritik. Die ARD-Spitze hatte der Geschäftsleitung offiziell das Misstrauen ausgesprochen. Brandstäter hatte sich dazu nicht mehr geäußert - seit Wochenbeginn ist er krankgemeldet. Aktuell vertritt ihn Jan Schulte-Kellinghaus, der Programmchef des RBB.

Mitarbeitende wollen eigene Aufklärungskommission einsetzen

Derweil ermittelt weiterhin die Generalstaatsanwaltschaft gegen die ehemalige Intendantin Patricia Schlesinger, deren Ehemann und den ehemaligen RBB-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf wegen Untreue und Vorteilsannahme. Dabei gilt die Unschuldsvermutung, die Beteiligten bestreiten die Vorwürfe. Zudem läuft eine Untersuchung einer auf Compliance-Fragen spezialisierten Anwaltskanzlei, die der RBB bereits kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe eingeschaltet hatte.

Mittlerweile wollen aber auch die RBB-Angestellten mit einer eigenen Kommission die Aufklärung vorantreiben, wie am Mittwoch bekanntwurde. Die Deutsche-Presse-Agentur zitiert aus einer Resolution, die im Intranet des Senders veröffentlicht wurde. Demnach wollen die Beschäftigten in den nächsten Tagen Persönlichkeiten aus der Belegschaft und von außen benennen, die unabhängig mit aufklären und an die Belegschaft berichten sollen.

Wie groß das Misstrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Senderspitze ist, zeigt auch eine weitere Forderung in dieser Resolution: Die Angestellten verlangen künftig fortwährend ein Mitspracherecht bei der Benennung von Intendanten. Dafür allerdings müsste auch der RBB-Staatsvertrag geändert werden, der das bislang nicht vorsieht.

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