Süddeutsche Zeitung

Produktionsfirma Brainpool:Kein Aufstieg ohne Fall im Showbusiness

Lesezeit: 3 min

Brainpool-Gründer Grabosch, der einst mit Stefan Raab das deutsche Fernsehen dominierte, steht kurz vor der Entmachtung. Wer seine Stehaufmännchen-Geschichte kennt, weiß aber auch: Bislang ist er an jeder Krise gewachsen.

Von Hans Hoff

Es läuft wieder richtig gut bei Brainpool. Zumindest reiht die einst für fast alle Stefan-Raab-Sendungen zuständige und nach dem Abschied des Hauptstars in unsicheres Fahrwasser geratene Produktionsfirma gerade eine Erfolgsmeldung an die andere. So soll die neue Staffel von Pussy Terror TV demnächst wöchentlich im Ersten zu sehen sein, und bei Schlag den Henssler konnte am Samstag ein Kandidat einen Millionengewinn einstreichen. Zur DVD-Veröffentlichung der achten Staffel von Pastewka vermeldet man aus der Firmenzentrale gar stolz: " Pastewka bricht alle Rekorde!"

Doch die Freude in der Kölner Zentrale wird getrübt durch einen Termin an diesem Donnerstag: Eine Gesellschafterversammlung steht an. "Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags von Herr Jörg Grabosch" steht auf der Tagesordnung. Auch sein Geschäftsführungskollege Andreas Scheuermann soll nach dem Willen des französischen Medienkonzerns Banijay gehen, der die Mehrheit an Brainpool hält, seit Raab kürzlich seinen 12,5-Prozent-Anteil verkaufte.

Es wäre allerdings nicht die erste Krise, aus der Brainpool nach einer gewissen Zeit gestärkt herausgetreten ist. Das zeichnete sich bereits 1998 ab, als Harald Schmidt, dessen erste Late-Night-Shows seit 1995 von Brainpool produziert wurden, eine eigene Firma zur Herstellung seiner Spätabendspäße eröffnete. Ein Schlag ins Kontor, denn neben der Wochenshow war Schmidt das Aushängeschild gewesen. Doch Grabosch, der die Firma 1994 gegründet hatte, erkannte seine Schwäche und achtete bei neuen Verträgen darauf, seine Stars auch als Anteilseigner zu binden.

So etablierte Brainpool ein Erfolgsmodell, das sich später auch bei Anke Engelke und Bastian Pastewka bewähren sollte. Weil Raab sich zum Star mauserte und die Wochenshow nach allen Regeln der Vermarktungskunst ausgewertet wurde, stieg Brainpool auf zum umjubelten Shootingstar der Branche. Gründer Grabosch hatte der Krise getrotzt.

Bereits 2004 kam es zu einer Situation, die der heutigen sehr ähnelt

Noch ein bisschen strahlender sah er aus, als Anfang des Jahrtausends die inzwischen zur AG gewandelte Firma vom Musiksender Viva übernommen wurde und sich vor Aufträgen anfangs nicht retten konnte. Von Axel Stein über Mario Barth bis Oliver Pocher reichte die Liste der Hoffnungsträger, wozu auch das Eigenformat Stromberg zählte.

Im Juli 2004 kam es dann zu einer Situation, die der heutigen sehr ähnelt. Der MTV-Mutterkonzern Viacom übernahm die Viva Media AG und somit auch Brainpool. Von da an wurden die Verhältnisse unübersichtlich und Entscheidungen in Köln schwieriger. Grabosch schien entmachtet - und kündigte.

Dass er nicht arbeitslos wurde, verdankte er einer besonderen Klausel, die den Künstlern ein Sonderkündigungsrecht zugestand für den Fall, dass sich ihre Ansprechpartner ändern sollten. Davon machte im Herbst 2006 Stefan Raab als erster Gebrauch und kündigte seinen Vertrag mit Brainpool. "Wenn Jörg Grabosch die Firma verlässt, will ich nicht Gefahr laufen, mich mit irgendeinem Viacom-Mitarbeiter, den ich nicht kenne, herumschlagen zu müssen", sagte Raab. Dem Vernehmen nach standen auch andere Künstler vor der Kündigung. Im Ergebnis wurde es ein Sieg auf ganzer Linie für Grabosch. Im Dezember des Jahres einigte er sich mit der Mutterfirma auf einen sogenannten Management-Buy-out durch Brainpool. Danach war der Gründer wieder Chef im eigenen Haus.

Das begann daraufhin erneut zu brummen. Die kurz zuvor eingeführte Show Schlag den Raab mauserte sich zum großen Samstagshit und wurde gar ins Ausland verkauft. Im Juli wurde als Geldgeber die französische Firma Banijay an Bord geholt, die allerdings nur 50 Prozent der Anteile bekam und deshalb stets auf die Zustimmung von Grabosch angewiesen war. Gemeinsam investierte man viel in Comedyformate und lief zur ganz großen Form auf, als Raab mit Lena als deutscher Kandidatin beim Eurovision Song Contest (ESC) den Sieg holte und seiner Firma damit etliche Folgeaufträge sicherte.

Vor Kurzem platzte die Bombe

Nun gibt es im Showgeschäft aber keinen Aufstieg ohne den zugehörigen Fall. Ein Warnzeichen für Brainpool erklang 2012, als sich Raab aus dem ESC-Geschäft zurückzog. In der Folge wurde die Bindung ans Format lockerer, und auch der Ideenquell des einstigen Multitalents versiegte zusehends. Bis es dann Ende 2015 zum Knall kam, als Raab verkündete, von 2016 an nicht mehr auf dem Schirm erscheinen zu wollen. Wieder rauschte Brainpool in die Krise. Entlassungen und unschöne Arbeitsgerichtsprozesse waren die Folge.

Es dauerte eine Weile, aber Grabosch schien das sinkende Schiff abermals reparieren zu können. Vor Kurzem aber platzte die Bombe. Raab, dessen Verhältnis zu Grabosch abgekühlt erscheint, verkaufte seine Anteile und verschaffte Banijay damit eine Mehrheit. Die will man nun nutzen, um Grabosch rauszuwerfen und Peter Langenberg, bislang Chief Operating Officer im Hause Banijay, als Interimslösung zu platzieren. Wer langfristig die Geschicke des Hauses Brainpool führen soll, ist noch ungewiss.

Grabosch wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Wer seine Stehaufmännchen-Geschichte jedoch ein bisschen kennt, der kann sich gut vorstellen, dass für ihn das letzte Brainpool-Kapitel noch nicht geschrieben ist.

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Quelle:
SZ vom 27.03.2018
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